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Hand und Mund verpflichtete, an dem guten alten Rechte festzuhalten
und dem Bürgermeister die Weiterführung der Angelegenheit zu über-
lassen. Da nun der Kurfürst schon zum zweitenmal sein Gebot aus-
rufen ließ, eilten die Ratsherren alle nach Hause, um von den Ihrigen
Abschied zu nehmen und ihre Sterbekittel zu holen. Darauf zogen
sie unter Anführung des Bürgermeisters vom Rathause paarweis vor
den Kurfürsten, und Weller von Mollsdorf hielt an den gestrengen
Herrn nach gethaner schuldiger Reverenz eine längere Ansprache. Aus-
gehend von dem Gedanken, daß Kurfürst Friedrich allezeit ein gütiger
und gerechter Fürst gewesen sei, von dem sich nicht erwarten lasse,
daß er Unbilliges und das Gewissen Kränkendes von seinen Unter-
thanen verlangen werde, erinnerte er daran, daß die Freiberger ebenso-
gut seinem Bruder, dem Landgrasen, in Treue vereidigt seien, wie ihm
selbst, dem Kurfürsten, und daß sie, da sie durch jenen von ihren
Pflichten keineswegs entbunden und losgezählt seien, nicht wüßten,
wie sie kurfürstlichen Geboten ohne Beschwerung ihres Gewissens und
ewigen Schaden an ihrer Seele nachkommen könnten. So glaubten
sie auch nicht, daß der Kurfürst darauf bestehen werde. Und er schloß:
„ehe ich soll meinen gnädigen Fürsten und Herrn, dem ich gehuldigt
und geschworen habe, verraten, lieber soll und will ich mir jetzund
alsbald vor Eurer Kurfürstlichen Gnaden Augen meinen alten, grauen
Kopf abhauen lassen.“ Durch diese Worte ließ sich Kurfürst Friedrich
dermaßen bewegen, daß er an den Bürgermeister heranritt, ihm mit der
Hand freundlich auf die AUchseln klopfte und dabei sagte: „Nicht Kopf
ab, Alter, nicht Kopf ab! Wir bedürfen solcher ehrlicher Leute ferner,
die Eid und Pflicht also beherzigen"“; worauf er den Bürgermeister
und die Ratsherren in Gnaden entließ. Nach kurzer Besprechung mit
den Seinen, unter denen mancher riet, nicht so lange Federlesens mit
dem widerspenstigen Rate zu machen, begab sich der Kurfürst selbst
aufs Rathaus und versicherte Bürgermeister und Rat, daß er sie zu
keinerlei Maßnahmen, die ihnen durch ihren Treueid verboten wären,
zwingen wolle. Nur verlangte er gegen Apel Vitztum, dessen Schlösser
in Thüringen er einnehmen müsse, eine entsprechende Hilfeleistung; daß
er das Schloß besetzt hielt und den gerade in den Bergkassen vor-
handenen Betrag, der Wilhelm ebenfalls mit gehörte, in die Tasche
steckte, ließ sich freilich nicht so ganz in Einklang bringen mit der noch