Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 920 — 
auf Lebenszeit zum Schöffen wählen, außerdem auf ein Jahr fünf 
redliche Männer aus der Gemeinde, die nun wohl sicherlich nicht zu 
denken ist als die Gesamtheit der Innungen, sondern als alle Bürger 
überhaupt, natürlich auch die „besseren“ Bürger, so daß die Wahl 
doch immerhin nur ein Scheinmanöver blieb, um Harmlose damit 
zu täuschen. Der Rat des zweiten Jahres, also von 1471, be- 
stimmte wiederum seinen Bürgermeister und ein Mitglied zu lebens- 
länglichen Schöffen und dazu drei aus der Gemeinde; der Rat des 
dritten Jahres endlich machte seinen Bürgermeister und noch zwei 
Mitglieder zu Schöffen auf Lebenszeit; somit ergiebt sich ein stehen- 
des Schöffenkollegium von sieben Personen, worunter alle drei 
Bürgermeister sich befinden. Der diesen Schöffen vorsitzende Richter 
sollte zunächst nur für ein Jahr aus der Gemeinde vom Rate erwählt 
werden; dann aber sollte in den nächsten drei Jahren jedesmal der 
regierende Rat einen Richter aus dem ruhenden Rate, und zwar auf 
Lebenszeit kiesen; diese drei lebenslänglichen Richter sollten sich dann 
jährlich in bestimmter Reihenfolge ablösen, und zwar so, daß der 
amtierende Richter nicht dem regierenden, sondern dem ruhenden Rate 
angehörte, jedoch befugt sein solle, sich bei diesem in besonderen Fällen 
Rats zu erholen. — Diese Neuordnung ist bis 1517 in Kraft geblieben, 
in welchem Jahre Herzog Georg einen neuen Entwurf des Nates zu 
seiner Umgestaltung bestätigte. 
Die erwähnten drei Bürgermeister finden sich auch in anderen 
Städten, z. B. in Leipzig, wie überhaupt die eben näher beschriebene 
Ratsverfassung meist anderen ähnlichen folgte, teils wieder für andere 
vorbildlich wurde. Doch fand der regelmäßige Wechsel erst seit dem 
Ende des 14. Jahrhunderts statt und erhielt dann seine Bestätigung 
durch die erwähnten Ordnungen von 1470 und 1517. Die Prarxis 
war so, daß nach Ablauf seines Amtsjahres der Bürgermeister noch 
ein Jahr dem regierenden Rate angehörte, das dritte Jahr aber dem 
ruhenden, so daß man unterscheidet zwischen dem regierenden, bei- 
sitzenden und ruhenden oder vacierenden Bürgermeister. Der regierende 
Bürgermeister hatte die Oberleitung des Stadtregiments und die 
Aufsicht über die einzelnen Geschäftszweige, den Vorsitz in den Rats- 
versammlungen, die Vertretung der Stadt nach außen, insbesondere 
auch auf den Landtagen, die allgemeine Disposition in Justiz-, Ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.