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Abzug bewogen, wozu ihn überdies, und zwar wahrscheinlich noch
mehr, die Nachricht von den feindseligen Bewegungen des Herrn von
Gera in seinem Rücken veranlaßt haben mag; denn gegen diesen wandte
er sich nun auch von Naumburg aus. Nun erinnern wir uns, daß
Herzog Wilhelm in seine Dienste auch böhmische Hilfsvölker genommen
hatte, die noch ganz in der Hussitenmanier zu Felde lagen. So hat
denn also Rauh dies Ereignis in die Zeit des allbekannten Hussiten-
krieges willkürlich verlegt, um zugleich eine Erklärung zu finden für
ein seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisbares Schul-
fest, ein sogenanntes Brunnenfest, das im sogenannten Buchholz
bei Naumburg gefeiert worden ist, wie solche Brunnenfeste bei unsern
Vorfahren allenthalben in Gebrauch waren und offenbar noch auf die
heidnischen Zeiten zurückgehen.
Unter den meißnischen Städten ist Dresdens schon Erwähnung
gethan worden wegen der Entwickelung seiner Ratsverfassung, die sich
ähnlich auch in anderen Städten findet. Sein materieller Wohlstand
nahm zu, seit es nach der Teilung von 1485 Residenzstadt wurde.
Hebend war das von Ernst und Albrecht 1472 der Stadt verliehene
Privileg, von allem durchpassierenden Kaufmannsgut eine Abgabe zu
erheben. Gleichermaßen hatte Leipzig im Jahre 1464 von Friedrich dem
Sanftmütigen eine Erhöhung des schon früher bestehenden Wagegeldes von
in= und ausländischen Kaufmannsgütern erhalten, das dann Ernst und
Albrecht noch steigerten. Die Einträglichkeit dieses Wagegeldes erhellt
aus der Summe, die sie für die ihnen verliehene Gunst den beiden
Fürsten zahlten, nämlich 6000 rheinische Gulden. Der Wohlstand der
Stadt tritt auch in anderen Dingen zu Tage. 1385 kaufte der Rat
von dem Markgrafen Wilhelm das Dorf Eutritzsch, wo damals sieben-
unddreißig Bauern wohnten; 1363 hatte er von dem Herrn Thimo
von Colditz den von diesem bis dahin erhobenen Marktzoll erworben.
Die Herren von Colditz besaßen auch bis 1433 die Fischereigerechtig-
keit in der Parthe. Zu den zwei Jahrmärkten der Stadt kam 1458
der Neujahrsmarkt hinzu. Die Wohlhabenheit der Bürger zeigte sich
wie in Erfurt durch gemeinnützige Stiftungen. Manche davon erscheinen
uns heute sonderbar, wie wenn 1434 Martin Schindler ein Legat
aussetzte von 100 rheinischen Gulden, damit von den Zinsen jährlich
einmal Heringe gekauft und an arme Leute verteilt werden sollten. —
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