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die Vereine der sogenannten Beguinen oder Beghinen. Die Ab-
leitung des Namens ist unsicher, dagegen sind wir über ihr Herkommen
und ihr Wesen gut unterrichtet. Es waren diese freien Vereinigungen
von Frauen und Jungfrauen unter dem Einflusse der religiösen Er-
regung der Kreuzzüge, die ja übrigens auch einen großen Teil der
Männerwelt in ferne Lande führte, in den Niederlanden, zuerst wohl
in Lüttich, zusammengetreten. Die Beguinen legten weder Kloster-
gelübde ab, noch folgten sie der Regel eines Ordens; sie waren unter
einer freigewählten Vorsteherin vereinigt zu Ülbungen der Andacht und
Wohlthätigkeit, lebten von eigenen Mitteln, aber bald auch durch reiche
Schenkungen unterstützt, in kleinen, zu dem Beguinenhofe vereinigten
Häusern, hatten eine eigene Herberge und eigenes Krankenhaus und
widmeten sich der Armen= und Krankenpflege und vornehmlich dem
Unterrichte der weiblichen Jugend, der ja durch das ganze Mittelalter
sehr im argen lag. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts kamen diese
Vereine auch in Deutschland auf. Wir finden Beguinenhäuser in Magde-
burg, Erfurt, Leipzig, Rochlitz. Trotzdem sich die Beguinen still und un-
auffällig hielten — freilich zog später auch bei ihnen die sittliche Ver-
schlechterung der Zeit ein — erregten sie doch das Mißfallen der
Kirche; denn gerade in ihrer pietistischen Anschauungsweise traten sie
der kirchlichen Auffassung entgegen. Papst Clemens V. wandte sich
schon 1315 gegen sie, doch wurden sie auch oft wegen ihrer praktischen
Bedeutung von weltlichen wie geistlichen Obrigkeiten in Schutz genommen.
In Erfurt war man ihnen nicht günstig gesinnt. Dort wurden sie
1367 durch den vom Papste hierzu bestellten Magister Walther Res-
lingen vom Dominikanerorden auf Ketzerei hin untersucht und ihre
Vereinigung aufgehoben. In Leipzig dagegen duldete man sie gern.
Sie hatten ihr Haus in der jetzigen Universitätsstraße und wurden
gerade hier von den Dominikanern wert geschätzt, denen sie mit aller-
hand weiblichen Arbeiten sich nützlich machten. Auch hier verfolgten
sie dieselben Ziele, von denen schon die Rede war. Nach der Refor-
mation, die ihnen in gewissem Sinne den Boden unter den Füßen
wegzog, kam ihr Haus 1544 an die Universität. Es mag noch hins
zugefügt werden, daß die Beguinen das Gelübde der Ehelosigkeit nicht
ablegten, sondern nur so lange unverheiratet lebten, als sie sich in
dem Beguinenhause aufhielten. Es scheinen jedoch Unzuträglichkeiten