Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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ständen nach zerfielen sie in dieselben vier Fakultäten, die noch heute, 
abgesehen von einigen Hochschulen, den Lehr= und Lernkörper der 
Universitäten umschließen. Es gab also eine theologische, eine juristssche, 
eine medizinische und nun aber nicht eine den übrigen gleichgeordncte 
philosophische, sondern die den anderen untergeordnete sogenannte Arkisten- 
fakultät. Diese Abteilung der Universität — welcher Name übrigens 
im Mittelalter viel weniger häufig vorkommt, als studium generale, 
allgemeine Studienanstalt — kann betrachtet werden als eine Vor- 
bereitungsstufe für die übrigen Fakultäten, wie etwa die Oberklassen 
unserer Gymnasien. Hier wurde mancherlei gelehrt, was teilweise schon 
auf den Klöstern und Domschulen Gegenstand der Unterweisung war, 
nämlich, und hiervon hat die Artistenfakultät ihren Namen, die septem 
artes liberales, die sieben freien Künste, wie gewöhnlich übersett 
wird. Der Lehrgang zerfiel in das trivium und quadrivium, 
den Drei= und den Vierweg. Ersteres, das trivium, umfaßte die 
Unterweisung in der lateinischen Sprache, aber nicht nur in deren 
Grammatik, sondern auch in ihrer rhetorischen und dialektischen Ve- 
wendung. Die Rhetorik, aber besonders die Dialektik, gab Gelegenhei, 
auf andere Wissensgebiete einzugehen, letztere namentlich auf die Philo- 
sophie. Die mittelalterliche Philosophie aber unterscheidet sich von 
der unserer Tage ganz wesentlich dadurch, daß sie nicht auf Grund 
Mmöglichst objektiver und vorurteilsloser Forschung, namentlich auch 
mit Hilse der experimentellen Naturbeobachtung, zur Kenntnis der 
Dinge und Menschen, zur Kenntnis der letzten Ursachen vorzudringen 
suchte, sondern sie ging von der Meinung aus, daß das Christentum 
eine Offenbarungsthatsache sei und demgemäß einer philosohhischen 
Begründung nicht bedürfe, sondern die Grundlage alles Philosophierens 
sein müsse; alle Philosophie müßte demgemäß auch wieder zum Christen- 
tum zurückführen. Man nennt diese Geistesrichtung, der man unschwer 
das Gezwungene und Unnatürliche ansieht, die Scholasti. Kein 
Wunder, wenn bei den unausbleiblichen Widersprüchen zwischen reinem 
Denken und Offenbarungsdogmatismus die Scholastik zu dialel- 
tischen Mitteln greifen mußte, um die Notwendigkeit des bestehenden 
Dogmas zu erweisen und jene Widersprüche, wenigstens scheinbar, 
zu beseitigen. Es kam natürlich auf den Lehrer an, wie weit 
er auf solchem Gebiete seine Schüler führen wollte und vor allem
	        
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