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Merseburg zu ewigem Gefängnis übergeben, kleine Diebe von der Uni-
versität ausgeschlossen, größere aber ebenfalls dem genannten Bischof aus-
geliefert werden. Inwiefern diese Bestimmung 1481 durch eine Bulle
des Papstes Sixtus IV. abgeändert wurde, indem die Studenten in
allen Fällen nur vor ihrem Rektor Rede zu stehen hätten, läßt sich
nicht genau bestimmen. Für die Straßengerichtsbarkeit wurde schon
auf das Edikt von 1452 über die die nächtliche Ruhe störenden Studiosi
weiter oben hingewiefen.
Die Lehrer der Universitäten standen in dem bisher durchmessenen
Zeitraume noch völlig unter der Herrschaft der vorerwähnten Scholastik.
d. h. jener Richtung, die die Philosophie zur Magd der Theologie
machte und in seltsamem Widerspruche das Nachdenken über theolo-
gische Gegenstände zwar gestattete, aber nicht ein solches, das zu
anderen Resultaten als zu den von der Kirche anerkannten führte.
Schließlich konnten sich weder die Medizin nebst den von ihr mit ver-
tretenen Naturwissenschaften, noch auch die Jurisprudenz diesem Einflusse
entziehen. Es ist hier jedoch nicht der Ort, auf die scholastischen
Hauptrichtungen einzugehen, noch weniger auf die durch den beschränkt
gehaltenen Denkkreis hervorgerufenen Grübeleien, die das 15. Jahr=
hundert charakterisieren. Es soll damit nur erklärt werden, wie in
Leipzig, wo man noch streng an der scholastischen Ülberlieferung trotz
der Sympathien Herzogs Georg des Bärtigen mit dem Humanisnus
hielt, sich wenig von dem Aufschwunge zeigt, der diese Hochschule
später zu einer der ersten Deutschlands machen sollte, während Erfurt
dagegen, der neuen Zeitrichtung des Humanismus folgend, von dem
alsbald die Rede sein wird, schon am Ende dieser Periode eine
herrschende Stellung einnahm. Die anfänglich zu Leipzig wirkenden
Lehrer, wie Otto von Münsterberg, Johann Hoffmann, Vincenz Gruner,
waren sicher bei ihren Zuhörern hochangesehene Gelehrte, ohne
darum bei der damaligen Lehrweise epochemachend über ihren Kreis
hinausgreifen zu können. Dagegen trat der Dr. Johannes Cuno, der
einer der gelehrtesten Mönche des Dominikanerklosters zu St. Pauli
war und seine Doktorwürde der leipziger Universität verdankte, im
Jahre 1444 dadurch hervor, daß er gegen die Wallfahrten zum heiligen
Blut nach Wilsnack bei Havelberg in der Mark in die Schranken trat.
mit ihm übrigens auch ein meißner Franziskaner, Sebastian Kalbe.