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gewandten Aderlaß vornahmen oder auch andere chirurgische Maßnahmen
auszuüben befugt waren. Damit auch unbemittelte Leute Anteil haben
konnten an den öffentlichen Badestuben, hatte man die sogenannten
Seelbäder eingerichtet, d. h. reiche Leute machten zum Heile ihrer
Seele Stiftungen, von deren Zinsen an bestimmten Tagen des Jahres
den Armen unentgeltlich Bäder zugerichtet werden sollten. Auch die
Behörden und mitunter Korporationen stifteten solche Seelbäder, so
der zwickauer Rat im Jahre 1350 vier zum Seelenheile eines gewissen
Ebelin aus Plauen, oder der von Grimma, der 1543 dem Pächter
der städtischen Badestube im Pachtvertrage die Verpflichtung auferlegte,
alljährlich einmal ein Seelenbad abzuhalten. Eine sonderbare Art
von Seelenbad wurde beim Ausbruch der großen Pest von 1349 von
den erfurter Domherren eingerichtet. Es standen bei der Badestube
in der Nähe des Junristenkollegiums drei Würztröge, wie sie die Brauer
benutzen; die wurden voll Wein gegossen und Semmeln hineingebrockt.
Wenn nun das Seelenbad beginnen sollte, so kamen die Bierrufer auf
den Markt und riefen aus: Ein Seelenbad, ein gutes Bad haben
unsere Domherrn allererst aufgethan, hinter unser Lieben Frauen Berge;
wer baden will soll gar nichts geben. Da sei denn, berichtet eine
alte erfurter Chronik, das Volk zu Hunderten und Taufenden ge-
kommen mit Gefäßen, und die Geistlichen hätten dagestanden mit einer
Schöpfkelle, darein fast „ein Nößel“ gegangen sei, und hatten einem
jeden eine Kelle voll in sein Gefäß gegeben. — Neben den Badern
übten aber auch Arzte von Beruf ihre Kunst aus, die ihre Vorbildung
auf den Universitäten genossen hatten, nachdem vorher die Heilkunst
wesentlich in den Händen der Geistlichkeit gelegen hatte. Es galt
für besonders empfehlend, wenn man seine Studien auf einer italienischen
Universität vervollkommnet hatte, namentlich in Bologna und Salerno.
Eigentliche Stadtärzte, die von dem Rate angestellt wurden und sich
um die öffentliche Gesundheitspflege zu kümmern hatten, erscheinen erst
am Ende des Zeitraums; in Dresden z. B. wurde erst 1510 Magister
Johann Fabri aus Leipzig mit einem Gehalt von 20 Rheinischen
Gulden als Stadtphysikus angestellt; in Zwickau wurde 1522 der
bisherige Stadtarzt Dr. Sixtus Kolbenschlag aus Fulda aufs neue
auf sechs Jahre bestallt und erhielt vierzig Gulden Besoldung nebst
freier Wohnung und freier Heizung. — Apotheken kamen ersti im Laufe
Sturmhoefel. Geschlchte der süchsischen Lande.