Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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des 15. Jahrhunderts stritten. Aber die Anstrengungen des erfurter 
Rates wurden vereitelt durch Unglücksfälle, wie die schreckliche Pest 
vom Jahre 1464 und den früher erwähnten großen Brand von 1472. 
Überdies benahm Erzbischof Diether, der schließlich in Mainz sich doch 
noch festgesetzt hatte, durch Erwählung des Prinzen Ernst von Sachsen, 
des Sohnes des Kurfürsten Ernst, zu seinem Koadjutor und Nachfolger 
der Stadt in kluger Weise den Rückhalt, den sie an den sichsischen 
Fürsten unter Umständen wohl gehabt haben würde. Jene Unglückssälle 
hatten aber für die Stadt noch andere nachteilige Folgen. Es war früher 
von der Umwälzung im Stadtregimente die Rede, zufolge deren 1309 die 
rein patrizische Verwaltung durch die aus den Biereigen und Hand- 
werkern gewählten Vierherren durchbrochen wurde. Allgemach hatten aber 
auch diese ursprünglich demokratischen Magistrate ihren Ursprung ver- 
gessen und mit den Aristokraten Fühlung genommen; namentlich aber 
ließ ihre Finanzverwaltung vieles zu wünschen übrig. Die Streitig 
keiten mit Landgraf Wilhelm, die Befestigung des Cyriaksberges, andere 
Unternehmungen, namentlich gegen Raubritter, und die Teilnahme am 
Bruderkriege hatten die Stadt in Schulden gestürzt, die nun durch 
die genannten Unglücksfälle ganz wesentlich vermehrt wurden, ohne 
daß die Stadt die Kraft wiedergewonnen hätte, ihren Verbindlichkeiten 
gerecht zu werden. Dazu konnte man sich noch immer nicht in die 
neuen, Beschränkung gebietenden Verhältnisse finden und betrieb bei 
Empfang von Gästen — es ist früher der Bewirtung des Kurfürsten 
Friedrich und seines Gefolges Erwähnung gethan worden — eine 
unnötige Verschwendung. Die Schuldenlast belief sich infolgedessen 
im Jahre 1508 auf über 600 000 Goldgulden. Da machte im Rate der 
oberste Vierherr Heinrich Kellner den Vorschlag, das als Reichslehen 
geltende Amt Capellendorf, um wenigstens der augenblicklichen Not 
abzuhelfen, für 8000 Goldgulden an die sächsischen Fürsten wieder- 
käuflich zu überlassen. Gleichzeitig faßte man den verhängnisvollen 
Beschluß, der Stadtgemeinde über die entsetzliche Finanzlage reinen 
Wein einzuschenken. Dies geschah am 8. Juni 1509, und alsbald 
zeigte sich die Thorheit des Schrittes. Denn die Gemeinde war so 
entsetzt über die ihr bisher gänzlich unbekannte Schuldenlast, daß die 
Aufregung sofort ihren Gipfelpunkt erreichte und man vor allem genaue 
Rechenschaft von den Ratsherren verlangte. Vergebens suchten diese
	        
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