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des 15. Jahrhunderts stritten. Aber die Anstrengungen des erfurter
Rates wurden vereitelt durch Unglücksfälle, wie die schreckliche Pest
vom Jahre 1464 und den früher erwähnten großen Brand von 1472.
Überdies benahm Erzbischof Diether, der schließlich in Mainz sich doch
noch festgesetzt hatte, durch Erwählung des Prinzen Ernst von Sachsen,
des Sohnes des Kurfürsten Ernst, zu seinem Koadjutor und Nachfolger
der Stadt in kluger Weise den Rückhalt, den sie an den sichsischen
Fürsten unter Umständen wohl gehabt haben würde. Jene Unglückssälle
hatten aber für die Stadt noch andere nachteilige Folgen. Es war früher
von der Umwälzung im Stadtregimente die Rede, zufolge deren 1309 die
rein patrizische Verwaltung durch die aus den Biereigen und Hand-
werkern gewählten Vierherren durchbrochen wurde. Allgemach hatten aber
auch diese ursprünglich demokratischen Magistrate ihren Ursprung ver-
gessen und mit den Aristokraten Fühlung genommen; namentlich aber
ließ ihre Finanzverwaltung vieles zu wünschen übrig. Die Streitig
keiten mit Landgraf Wilhelm, die Befestigung des Cyriaksberges, andere
Unternehmungen, namentlich gegen Raubritter, und die Teilnahme am
Bruderkriege hatten die Stadt in Schulden gestürzt, die nun durch
die genannten Unglücksfälle ganz wesentlich vermehrt wurden, ohne
daß die Stadt die Kraft wiedergewonnen hätte, ihren Verbindlichkeiten
gerecht zu werden. Dazu konnte man sich noch immer nicht in die
neuen, Beschränkung gebietenden Verhältnisse finden und betrieb bei
Empfang von Gästen — es ist früher der Bewirtung des Kurfürsten
Friedrich und seines Gefolges Erwähnung gethan worden — eine
unnötige Verschwendung. Die Schuldenlast belief sich infolgedessen
im Jahre 1508 auf über 600 000 Goldgulden. Da machte im Rate der
oberste Vierherr Heinrich Kellner den Vorschlag, das als Reichslehen
geltende Amt Capellendorf, um wenigstens der augenblicklichen Not
abzuhelfen, für 8000 Goldgulden an die sächsischen Fürsten wieder-
käuflich zu überlassen. Gleichzeitig faßte man den verhängnisvollen
Beschluß, der Stadtgemeinde über die entsetzliche Finanzlage reinen
Wein einzuschenken. Dies geschah am 8. Juni 1509, und alsbald
zeigte sich die Thorheit des Schrittes. Denn die Gemeinde war so
entsetzt über die ihr bisher gänzlich unbekannte Schuldenlast, daß die
Aufregung sofort ihren Gipfelpunkt erreichte und man vor allem genaue
Rechenschaft von den Ratsherren verlangte. Vergebens suchten diese