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weder in Leipzig oder in Erfurt oder auf einer in Kursachsen eiwa
selbst zu errichtenden Universität studieren würden. Dann gab Kaiser
Maximilian 1495 auf dem Reichstag zu Worms Anregung, indem er
meinte, eigentlich müsse ein jeder Kurfürst seine Universität haben.
Wir kennen ferner den gelehrten Reisegenossen und Arzt Friedrichs.
den Dr. Pollich von Mellerstadt oder Mellrichstadt (im nördlichen
Unterfranken gelegen); er hatte, da er die hohen Schulen der Nieder-
lande kannte, auf denen der Humanismus früher Eingang gefunden
hatte als auf den deutschen Schulen, dem Kurfürsten darüber Bericht
erstattet und ihn auf den Rückgang der früher gegründeten Universitäten
aufmerksam gemacht. In diesem Sinne äußerte sich auch der Bruder
des Kurfürsten, Ernst von Magdeburg. Als nun Dr. Pollich zu
Leipzig Professor war, geriet er in einen gelehrten Streit mit seinem
Kollegen, dem Dr. Simon Pistoris, über die damals arg grassierende
Seuche der Franzosen= oder neapolitanischen Krankheit, deren oben
Erwähnung gethan worden ist. Der Streit nahm schließlich einen
so persönlichen Charakter an, daß die beiden Gelehrten nicht mehr
an derselben Anstalt thätig sein konnten und mochten. So wandte
sich Pistoris nach Brandenburg und veranlaßte 1506 die Gründung
der Universität zu Frankfurt a. O., Pollich aber ging als Leib-
arzt des Kurfürsten nach Wittenberg und erreichte es hier, daß
der Kurfürst seinen schon lange im Herzen getragenen Wunsch ver-
wirklichte. Am 24. August 1501 erschien das vom Kurfürsten und
seinem Bruder Johann unterzeichnete Ausschreiben, daß zum Tage des
heiligen Lukas nächsten Jahres, d. i. am 18. Oktober 1502, die Uni-
versität zu Wittenberg ihren Anfang nehmen solle. Um der Anstalt
gleich von vornherein Zuhörer zu sichern, bestimmte dies Ausschreiben,
daß in den auf die Gründung folgenden drei Jahren die Promotionen
in den freien Künsten, der heiligen Schrift, geistlichen und weltlichen
Rechten, Arznei, Poeterei und anderen Künsten kostenlos sein sollten. Die
Zustimmung des Kaisers und des Papstes war bald erlangt. Ersterer
erteilte sie von Ulm aus unter dem 6. Juli 1502 und erteilte den von der
neuen Universität Wittenberg Graduierten dieselben Rechte wie denen
von den Universitäten Bologna, Paris, Leipzig u. a. Früher schon
gab die Kirche ihre Einwilligung durch den Mund des damals gerade
in Obersachsen anwesenden Legaten, des Kardinals Raimund von Gurk.