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am gierigsten und unersättlichsten die beiden Brandenburger, Albrecht
von Mainz und Kurfürst Joachim. Nur Friedrich der Weise hielt seine
Hände von einem solchen schmachvollen Schacher rein und bewahrte
sich seine Meinung frei bis zum Tage der Entscheidung, bis zum
Wahltage selbst. So genoß er auch das entsprechende Ansehen. Der
Papst, der Neapels wegen gegen Karl war, aber ebensowenig Hof-
kaplan des französischen Königs werden wollte, wie er sich nicht ganz
unzutreffend ausdrückte, dachte an die Kandidatur eines deutschen
Fürsten. „Die Kurfürsten wären Narren, wenn sie nicht einen aus
ihrer Mitte wählten,“ sagte man zu Rom. Wer konnte da sonst in
Betracht kommen als Friedrich der Weise und noch etwa Joachim 1.
von Brandenburg? Der Papst entschied sich lieber für Kurfürst
Friedrich. Im Dezember 1518 kam der päpstliche Kämmerer Karl
von Miltitz, von dem sogleich noch des weiteren die Rede sein wird,
und führte mit sich die vom Kurfürsten schon längst gewünschte goldene
Rose; sreilich ist sie erst am 24. September 1519 in seine Hände
gekommen, und da lagen die Verhältnisse schon so, daß für Friedrich
ihr Wert ein zweifelhafter geworden war und er sie nicht einmal
persönlich entgegennahm, sondern sie durch drei seiner Räte in Alten-
burg in Empfang nehmen ließ. Am 23. Januar 1519 aber beauf-
tragte Leo X. seinen Kardinallegaten in aller Form, mit allen Mitteln
auf die Wahl Sachsens oder Brandenburgs hinzuarbeiten, mit dem
Bemerken, daß Sachsen dem Auslande am willkommensten sein würde.
Er hat auch Franz von Frankreich darauf hingewiesen, er solle seine
persönliche Werbung fallen lassen und für Friedrich wirken; es würde
für Frankreich das vorteilhafteste sein. Zu spät sah dann Franz 1.
das Richtige dieses Rates ein. Nichts charakterisiert die rein politische,
der Kirche gegenüber gleichgültige Stellung des Papstes Leo mehr als
dieses Eintreten für einen Fürsten, der einen solchen Erzketzer herbergte
und schützte. «
Karl von Miltitz hatte aber noch eine andere Aufgabe zu erfüllen.
Er kam mit Vollmachten in der Sache Luthers ausgerüstet, und zwar
je nach Umständen sollte er die weltliche Gewalt zu Hilfe nehmen und
den widerspenstigen Mönch nach Rom als Gefangenen bringen oder
— ihn durch reichliche Milde und Güte zu gewinnen suchen. Das
erstere war, wie Miltitz im Verkehr mit den ihm befreundeten Humanisten
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