Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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zu Augsburg und Nürnberg sehr bald erkannte, unmöglich. Kaum mit 
einem Heere von 25 000 Mann, schrieb er nach Rom, getraue er sich 
eines solchen Unterfangens. Somit blieb nur der andere Weg übrig. 
Am 3. Januar 1519 hatte er eine Zusammenkunft zu Altenburg mit 
Luther, auf der der apostolische Bote letzteren, wie dieser selbst sagt, 
zunächst mit einem Judaskusse begrüßte und dann mit ihm vereinbarte, 
daß die Sache einem deutschen Bifchof, wie Luther selbst es gewünscht 
hatte, zur Entscheidung vorgelegt und bis zu dieser jeder Streit ruhen 
sollte. Es ist bezeichnend, daß von der Forderung eines Widerrufs 
oder von den Anordnungen des Breves vom 23. August 1518 bei 
diesen Verhandlungen nicht die Rede war. Recht eigentlich eine 
Ironie war es, daß der päpstliche Unterhändler gewaltig schlecht auf 
Tetzel zu sprechen war, den er dann wegen einiger Unterschlagungen 
und Anstößigkeiten im Lebenswandel zu Leipzig abkanzelte, Luther 
dagegen den Ablaßkrämer in christlichen Schutz nahm. Es ließ sich 
Luther auch gewinnen, einen demütigen Brief an den Papst abzufassen, 
der am 3. März 1519 abging und in dem er sich als „Hefe der 
Menschheit und Staub der Erde“ bezeichnete; auch veröffentlichte er 
eine Vermahnung zum Gehorsam gegen die römische Kirche. Aber 
er glaubte weder an die Fortdauer des Friedens, noch mehr an die 
Heiligkeit des Papstes und raunte seinem Spalatin schon 1519 ins 
Ohr, um seinen Ausdruck zu gebrauchen, „daß der Papst doch wohl 
der Antichrist selbst sei. Ging ihm doch auch auf einer anderen Seite 
ein neues Licht auf durch die Bekanntschaft und Freundschaft mit 
dem im August 1518 nach Wittenberg berufenen noch nicht gan 
22jährigen Philippus Melanchthon (geb. 16. Februar 1497 zu Bretten 
in der Pfalz), der doch, trotz dieses jugendlichen Alters, schon als eine 
Autorität auf dem Gebiete der griechischen Sprache galt, ein Ver- 
wandter und Schüler Reuchlins, mit dem jener das Ansehen der 
Scholastik, um nicht zu sagen der Kirche, schwer schädigende Streit 
der kölner Dominikaner entstanden war. Durch den Magister Philippus 
lernte Luther das Griechische, lernte er allgemach das von Erasmus 
von Rotterdam herausgegebene neue Testament in der gricchischen 
Ursprache verstehen, kernte, daß da, wo in der lateinischen Bibelüber- 
setzung das Wort poenitentia stand, im Griechischen das Wort 
metänoia zu lesen war; dieses aber bedeutet Sinnesänderung, während
	        
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