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langet, da will Ew. Kurfürstlichen Gnaden nicht mit Liebkosen zu gefallen
reden, sondern weiß, auch mit Zeugniß aller Fürsten im ganzen Reich,
daß es Gottlob Ew. Kurfürstlichen Gnaden an diesem Stück in keinem
Wege mangeln würde. Was aber das andere Stück anbelanget, da
wollen Ew. Kurfürstlichen Gnaden die Gelegenheit des Reiches bedenken,
daß als nehmlich viel Uneinigkeit und Unruhe darinnen ist, und die-
weil ich besorge, Ew. Kurfürstlichen Gnaden möchten den Ernst und die
Folge in der Straff nicht erhalten können, so weiß Euer Kurfürstlichen
Gnaden solches in keinem Weg nicht zu raten“ u. s. w. Woranf der
Kurfürst sagte: „Graf Philipp, wir nehmen diese Eure Antwort in keinen
Ungnaden auf, und ist eben dieses auch unser Bedenken, warum wir
es nicht wollen annehmen.“ Wahrhaftig, es hätte eine eiserne Faust
dazu gehört und eine gewaltige Hausmacht, um die ausinander
strebenden Elemente des Reiches zusammenzuhalten und den äußeren
Widersachern zu begegnen. Somit hat Friedrich wohl weise gehandelt,
als er eine Krone ablehnte, von der nicht viel mehr übrig war, als
der Glanz der historischen Überlieferung. Und nicht genug, daß er
die Krone ablehnte, er trat auch mit dem vollen Gewicht seines An-
sehens für Karl von Spanien ein, und so ward dieser am 28. Juni 1519
unter dem allgemeinsten Beifall gewählt. Wie furchtbar traurig täuschte
sich doch hier eine ganze, große Nation! Freilich nicht ohne ein hier
und da klar hervortretendes Bewußtsein der Lage. „Nun, die Raben
müssen ja einen Geier zum König haben,“ sagte Fabian von Feilitssh,
als ihn Friedrich um seine Meinung über die Wahl fragte.
Merkwürdig, wie in dieser folgenschweren Zeit die kirchlich-efor-
matorischen Fragen immer parallel neben den politischen herlaufen, zu-
nächst scheinbar ohne sich direlt zu berühren und doch keineswegs unab-
hängig von einander. In denselben Tagen, da sich die deutsche Kaiserwahl
zu Gunsten des durchaus kirchlich gesinnten Enkels Ferdinands und
Isabellas der Katholischen entschied, fand zu Leipzig die Entscheidungs-
schlacht der Geister statt, seit der Luther mit vollem Bewußtsein sich
außerhalb der überlieferten Kirche stellen wollte und mußte. Sämtliche
Stege und Brücken, die über einen klaffenden Abgrund hinweg, den
nur niemand so ganz ernstlich hatte sehen wollen, zwischen Scholastk
und Humanismus, zwischen lberlieferung und selbständiger Erkenntnis,
zvischen Papsttum und einem selbstdenkenden Mönche, zwischen unver-