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Anspruch, ein Priester für die Seinen zu sein. Noch im selben Jahre
erschien seine lateinisch geschriebene Schrift „über die babylonische
Gefangenschaft der Kirche"“, in der er die Siebenzahl der Sakramente
angriff und die Beschränkung der Sakramente auf drei, nämlich Taufe,
Buße und Abendmahl forderte; das letzte aber sollte von nun an auch
den Laien in beiderlei Gestalt erteilt, das Meßopfer aber ganz beseitigt
werden. Namentlich dieser Angriff, aber auch teilweise der vorige,
richtete sich gegen das dem Klerus so ungeheure Macht erteilende
Mittleramt und sicherte die freie Forschung vor seinen Eingriffen.
Welche Aufgabe hätte Karl V. lösen können, wenn er sich an die
Spitze dieser nationalen Bewegung gestellt hätte! Aber seine Erziehung,
seine Anschauungsweise, politische Rücksichten zogen ihn von einem
großen Schritte zurück; er ließ in seinen Erblanden die Bannbulle
veröffentlichen und Luthers Schriften verbrennen; solches geschah auch
zu Mainz und Köln aus leicht erkennbaren Gründen. Aber an
vielen Orten zeigte sich schon die Wirkung von Luthers Stellung-
nahme und daß er im Herzen des deutschen Volkes sich einen festen
Platz erobert hatte. Die Bischöfe von Bamberg und Passau wiesen
die Bulle zurück, Herzog Wilhelm von Bayern verlangte von Eck,
daß er ihre Zurücknahme betreibe; als dieser in Erfurt erschien, ver-
weigerte die Universität den Anschlag, und die Studenten stürmten die
Druckerei, in der sie gedruckt werden sollten, und zerrissen die schon
fertigen Exemplare. Als sich Eck dann nach Leipzig wandte, wo er
doch so viele Freunde hatte, ging es ihm auch nicht besser. Die
Studenten verrieten laut ihre Neigung zu Luther, schlugen Schmäh-
schriften auf die Bulle an, dichteten Spottlieder auf Eck, dessen Privat-
leben sehr viel Handhaben für solche Angriffe bot, sangen sie vor den
Fenstern der Herberge, in der er abgestiegen war, und drohten der-
maßen, daß Eck sich in das Dominikanerkloster zurückzog. Als dann
gar noch 150 Studenten aus Wittenberg erschienen, da verließ Eck
nächtlicherweile Leipzig und ging nach Freiburg an der Unstrut. In
Kursachsen aber die Bulle zu veröffentlichen, daran durfte er gar nicht
denken. In Wittenberg war man noch aus einem anderen Grunde
gegen ihn aufgebracht, weil in der Bulle außer Luther auch noch zwei
andere wittenberger Professoren als der Ketzerei verdächtig genannt
waren, nämlich Karlstadt und der Domherr Dr. Doltzsch aus Feldkirch.