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Luther aber appellierte nochmals an ein allgemeines Konzil, und als
er hörte, daß man an verschiedenen Orten, namentlich im Meißnischen,
wãährend ihm doch Miltitz auf einer nochmaligen Zusammenkunft zu
Lichtenburg bei Eilenburg am 11. Oktober 1520 versprochen hatte,
es solle mit der Exekution der Bulle noch 120 Tage anstehen, that
er den Schritt, der ihn auf immer von der römischen Kirche trennen
mußte: nachdem er früh durch Anschlag am schwarzen Brett sein
Vorhaben bekannt gegeben, zog er am 10. Dezember 1520 morgens
10 Uhr, begleitet von einer großen Anzahl von Doktoren, Magistern
und Studenten, vor das Elsterthor in Wittenberg und verbrannte da
eine Anzahl Bücher des kanonischen Rechts, einige Schriften von Eck
und Emser und warf dann schließlich auch die päpstliche Baunbulle
in die Flammen mit den Worten (nach Josua 7, 25): „Weil du den
Heiligen des Herrn (d. i. Christus) betrübt hast, also verzehre dich das
wige Feuer.“
Mittlerweile war der neue Kaiser auf deutschem Boden erschienen,
von dem deutschen Volke mit Freuden und froher Hoffnung begrüßt,
und hatte zu Aachen am 23. Oktober 1520 die Krone empfangen.
Seine Stellung war von vornherein eine schwierige. In den Kur-
fürsten stand ihm ein geschlossenes Kollegium gegenüber, denen er eine
Wahlkapitulation unterzeichnen mußte, des Inhalts, daß er sich in
deutschen Angelegenheiten nur des Rates von Deutschen und des
Deutschen als Amtssprache zu bedienen habe, daß er keine Reichstage
außerhalb Deutschlands berufen und auch keine fremden Truppen nach
Deutschland bringen dürfe und daß er endlich die seit 1505 wiederholt
erhobenen Beschwerden der deutschen Fürsten wider den Papst erledigen
solle. Gerade den Papst aber hatte er notwendig wegen seiner italie-
nischen Politik; er mußte ihn schonen, um ihn nicht zum Bundes-
genossen der italienischen Politik Frankreichs zu machen. Und nun
kam die Sache Luthers hinzu. Soweit an ihm war, hätte Karl V.
den ketzerischen Mönch ohne weiteres an den Papst ausgeliefert. Aber
nun band ihn auf der anderen Seite die Rücksicht auf Kurfürst
Friedrich. Erstens war er diesem wegen seines entschiedenen Eintretens
für seine Wahl zu Dank verpflichtet, was freilich bei der uns schon
bekannten Art der Habsburger kein großes Hindernis abgegeben haben
würde, dann aber war das Ansehen Friedrichs zu groß und seine