Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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offenbar Luthern günstige Stellung zu bekannt und die öffentliche 
Meinung doch im allgemeinen so für den wittenberger Professor ein- 
genommen, daß es ein gar nicht wieder gut zu machender Fehler 
gewesen wäre, hier mit der vom Papst und seinen Legaten Aleander 
und Carracioli verlangten Energie und Strenge vorzugehen. Uberdies 
war die Haltung des Kurfürsten in dieser Frage durchaus korrekt. 
Er ging von dem Gedanken aus, daß Luther das Recht habe, vor 
einem zuständigen Gericht seine Sache ordnungsmäßig zu führen, das 
habe auch er, der Kurfürst, verlangt und zugesagt erhalten. Nun aber 
habe man Luther ungehört verurteilt, und so sehe er es als seine Pflicht 
als Landesherr an, sein Landeskind wider ungerechte Maßnahmen so 
lange zu schützen, bis er rechtens prozessiert sei. So hatte er auch den 
genannten päpstlichen Legaten geantwortet, als sie ihm zu Köln ein 
päpstliches Schreiben und eine Abschrift der Bulle zustellten, und so 
dem albertinischen Vetter Georg, als ihn dieser aufforderte, wider die 
Schriften Luthers der Bannbulle gemäß einzuschreiten. Ein ihn in 
seiner Überzeugung festigendes Urteil erhielt der feingebildete Fürst in 
der Außerung des Erasmus von Rotterdam, mit dem er, ebenfalls 
zu Köln, Anfang Dezember 1520 eine Unterredung hatte. Luther 
habe, so meinte der berühmte Humanist ironisch, zwei große Verbrechen 
begangen, er habe nämlich dem Papste nach der Krone und den 
Mönchen an die Bäuche gegriffen; nur tadelte er die schon damals 
oft genug hervortretende allzu heftige und grobe Art in Luthers 
Polemik unter Hinweis auf den friedseligen Geist des Evangeliums. 
Ferner konnte der Kurfürst in seiner Stellung nur bestärkt werden 
durch das Erscheinen einer vom 3. Januar 1521 datierten zweiten 
Bulle, in der Luther ohne weiteres verdammt wurde. 
Mit der Forderung eines unparteiischen Gerichts war Kurfürst 
Friedrich auch an den Kaifer getreten, und so hatte ihm der Koaiser 
am 28. November 1520 den Befehl zugehen lassen, er solle den Mönch 
auf den bevorstehenden Reichstag nach Worms mitbringen. Als er 
jedoch von der Verbrennung der Bannbulle hörte, nahm er den Befehl 
wieder zurück, weil er meinte, daß mit einem solchen Menschen über- 
haupt nicht mehr verhandelt werden dürfe. Aber die Stimmung der 
Stände, die zum wormser Reichstage am 28. Jannar 1521 zusammen- 
traten, belehrte ihn eines anderen. Man bewilligte zwar die nötigen
	        
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