Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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wurde, erkannte 1403 fünfundzwanzig Lehrsätze Wiclefs für keterisch 
und verbot sie zu lehren. Hus ließ sich dadurch nicht beirren; er 
fuhr fort, Wiclef zu predigen; wußte er sich doch gedeckt durch König 
Wenzels Sympathie, der an der nationalen Bewegung einen Halt 
gegen die aufsässigen Großen zu gewinnen hoffte und überdies einen 
gewissen Hang für theologische Spekulation hatte. Somit blieben weitere 
Schritte des Domkapitels, der Universität und des Erzbischofs Sbinko, 
der übrigens damals eine recht zweideutige Stellung einnahm, ohne 
Erfolg. Eine entscheidende Wendung trat erst ein, als die Kardinäle 
auf Andringen namentlich der pariser Universitätslehrer ein Konzil 
ausschrieben zur Beseitigung der Kirchenspaltung und zur Besserung 
der kirchlichen Zustände. Wenzel sagte sich von Gregor XII. infolge- 
dessen los und erklärte Böhmen als für den bevorstehenden kirchlichen 
Kampf neutral, während der Erzbischof bei dem Papste beharrte und 
die drei deutschen Nationen der Universität, die bayerische, sächsische und 
polnische, welch letztere sich aus den wesentlich deutschen Städten des 
Ostens rekrutierte, im Gegensatz zur böhmischen Nation dieselbe Stellung 
einnahmen. Das hierbei wieder bemerklich werdende für die Böhmen 
ungünstige Stimmenverhältnis, das übrigens auch Hus mehrere Male 
an der Erwerbung reicherer Pfründen gehindert hatte, gab diesem 
erwünschte Gelegenheit, gegen dieses Stimmenverhältnis aufzutreten. 
Darüber kam es zu stürmischen Auftritten an der Universität, aber auch 
sonst in der Stadt; schon floß Blut. Wenzel sah dem mit grimmigem 
Behagen zu; er machte in einer Anwandlung satirischer Laune seinen 
Küchenmeister zum Oberhaupt der Universität; dann kehrte er seinen 
Zorn gegen die Deutschen, indem er der wesentlich deutschen philo- 
sophischen Fakultät die Auslieferung der Insignien abverlangte. Schließ- 
lich verordnete er am 18. Januar 1409, daß bei allen Geschäfts- 
angelegenheiten an der Hochschule die böhmische Nation drei Stimmen, 
die übrigen drei zusammen nur eine Stimme haben sollten. Vergeblich 
protestierten die Deutschen auf Grund des Universitätsstatuts. dagegen, 
vergeblich weigerte sich der Rektor Boltenhagen aus der sächsischen 
Nation, die Matrikel, das Universitätssiegel und die Kleinodien heraus- 
zugeben — die Verordnung Wenzels blieb bestehen und es wurde ein 
neuer Rektor ernannt. Dies wurde die Veranlassung, daß an 2000 
Lehrer und Studenten, denen dann später noch mehr folgten, am 
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