Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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Auch der behutsame, um nicht zu sagen furchtsame Erasmus ron 
Rotterdam, den insbesondere Georg von Sachsen anging, in der Kirchen- 
frage nun endlich Farbe zu bekennen, begann sich in dieser Zeit von 
Luther abzuwenden. Es wurde ihm unheimlich zu Mute vor dieser 
dämonischen Natur, die sich in der Erregung selbst nicht kannte und 
die Endfolgen, das Wohin, in das sie getrieben wurde, selbst nicht zu 
übersehen vermochte. 
Das gilt vor allem von dem politischen Gebiete. Man darf 
wohl sagen, daß Luther der politische, der staatsmännische Blick so gut 
wie ganz abging; er meinte, die Neu- 
ordnung der Dinge werde sich friedlich, 
nur durch die Macht des Wortes, 
vollziehen, er blieb darum der Be- 
wegung Sickingens mit kühlem Herzen 
fern, so sehr er dann den Hintritt des 
heldenherzigen Mannes bedauerte, er 
hörte nicht auf, auf das „junge 
Blut“, den spanischen Karl, zu hoffen 
er verabsäumte es, rechtzeitig mit 
organisatorischer Kraft alle widerkirch- 
lichen Elemente zu vereinen und dabei 
was allerdings die Aufgabe der ihn 
Albrecht von Brandenburg, anhaftenden großartigen Einseitigleit 
Herzog in Preußen. bediugt hätte, auch zu einem Kom- 
(Nach Weisser, Bilderatlas.) promisse sich geneigt zu zeigen — 
alles das weist auf seine trotz des 
nationalen Aufschwunges von 1520 doch immer wieder hervordringende 
theologische Befangenheit und politische Kurzsichtigkeit hin. Meinte 
er doch so wie so, daß alle diese irdischen Wirren nur das Vorspiel 
seien für den in nächster Zeit bevorstehenden jüngsten Tag und 
daß „alle Stunden der Welt Zerstörung zu erwarten“ sei. So ist 
es ihm auch nicht klar geworden, daß der Ton der meisten seiner 
Schriften revolutionär, aufreizend wirken mußte, namentlich da, wo 
er auf die Fürsten zu sprechen kommt. So in der „Schrift von der 
weltlichen Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei“. Da 
heißt es unter anderem: „Sollst wissen, daß von Anbeginn der Welt 
  
  
 
	        
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