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11. Mai 1409 die böhmische Hauptstadt verließen und nach dem Norden
abzogen, nachdem am 9. Mai 1409 Henning Boltenhagen, der letzte
Rektor deutscher Nation, sein Amt niedergelegt hatte. Dieser und mit
ihm 46 andere Dozenten, unter ihnen Magister Johannes Hofmann
und Magister Johannes Otto aus Münsterberg in Schlesien, wandten
sich mit einer großen Schar lernbegieriger Jünglinge nach Leipzig.
Im Jahre 1397 war ein angesehener Lehrer der freien Künste
und der Gottesgelahrtheit, Magister Vincentius Gruner, von Prag
nach dem Kloster Altenzelle berufen worden und nicht nur da
sondern auch bei seinen Landesfürsten zu großem Ansehen gekommen.
Er benutzte dieses Ansehen, um einen bei Friedrich und Wilhelm wohl
schon schlummernden Gedanken wach zu rufen und um Gründung einer
neuen Heimstätte für die prager Kollegen und deren Schüler zu bitten.
Der Gedanke einer besonderen Hochschule für die meißner Lande lag
nahe, seitdem die Thüringer in Erfurt seit 1392 eine Universität
besaßen; nachdem schon Clemens VII. zu Avignon seine Zustimmung
zu dieser Gründung gegeben hatte, erhielt der mainzer Erzbischof Adolf
von Nassau am 4. Mai 1389 die Stiftsurkunde ausgefertigt und 1392
erfolgte die Einweihung durch den Erzbischof Johann. Die beiden
fürstlichen Brüder schenkten dem Rate des Magisters Gruner Gehör
und „vergönnten den ausgetriebenen Künsten Herberge“. Zur Be-
stätigung der beabsichtigten Gründung wandten sich die Fürsten an den
damals vom Konzil zu Pisa erwählten Alexander V. und dieser erteilte
sie, die pariser und prager Universität als Muster aufstellend, am
9. September 1409 und stimmte zu, daß Leipzig als Stätte der
künstigen Universität gewählt wurde, „der volkreiche und geräumige
Ort unter einem freundlichen Himmel, mit allem, gleichsam als ein
Acker, den Gott vorzüglich gesegnet, und mit Einwohnern versehen,
die als artige und wohlgesittete Leute bekannt sind“. Zum ständigen
Kanzler der Universität wurde der Bischof von Merseburg bestellt;
zum ersten Rektor wählte man Otto von Münsterberg, der der pol-
nischen Nation angehörte. Denn nach dem Vorbilde der pariser und
prager Universität zerfiel die Studenten= und Lehrerschaft zu Zwecken
der übersichtlicheren Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Disziplin auch
in vier Nationen. Neben der polnischen, die alle Dozenten und
Studenten aus der Lausitz, Polen, Böhmen, Mähren, Ungarn, Schlesien,