Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1161 — 
tare Laut jener deutschen Überzeugungstreue, die er schon in Inns- 
bruck aus dem Schreiben Johanns von fern hatte anklingen hören, 
und er erschrak darüber, namentlich da er sich ja zunächst in die 
Rolle des Milden hatte hineinarbeiten wollen. „Liewer Först“, ant- 
wortete er in dem ihm geläufigeren Niederdeutsch, „niet Kopp af!"“ 
— Demselben Geist begegnete der Kaiser am folgenden Tage, als es 
sich um die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession handelte. Die 
protestantischen Fürsten haben felbst erklärt, daß, wenn er ihre Be- 
teiligung als Hofdienst gefordert hätte, sie ihn „wie Naeman in der 
Schrift seinem Könige“ geleistet haben würden. Er versah sich aber 
in seiner Unkenntnis der deutschen Verhältnisse im Tone, obwohl er 
wahrscheinlich gerade meinte, sie durch die Aufforderung, es dem all- 
mächtigen Gott zu Ehren zu thun, bestimmen zu können. Er erhielt 
noch in der Nacht zum 16. Juni durch den Kurprinzen Johann 
Friedrich die grobe Antwort: „Dergleichen gottlose und offenbarlich 
mit Gottes Wort und Christi Befehlen streitende Menschensatzungen 
sind wir so gar nicht gemeint, durch unsere Zustimmung zu ver- 
stärken“ u. s. w. Eine Wiederholung des Verbotes, das Predigen 
betreffend, konnte der Kaiser nur durchsetzen durch ein seinerseits 
gegebenes gleichartiges Versprechen. Man wird nicht in Abrede stellen 
können, daß diese Festigkeit der Evangelischen, eben zunächst nur auf 
dem Gebiete des Gewissens und Glaubens, bei der doch entschieden 
allgemein gekannten Machtstellung des Kaisers als eine Stärke anzuer- 
kennen ist, die der Schwäche ihrer politischen Stellungnahme wenigstens 
in etwas auphalf und sicherlich dem Kaiser die ihm bis dahin völlig 
fehlende Anschauung deutscher Denkweise, wenn auch nicht völlig ver- 
mittelte, ihm aber wenigstens eine Ahnung von der „den Ketzern in 
Deutschland eigentümlichen Hartnäckigkeit“ verschaffte; davon hatte ihm 
nämlich schon Campeggio etwas mitgeteilt. 
In dem Einberufungsschreiben zum Reichstag war auf die Bereit- 
willigkeit des Kaisers besonders hingewiesen, daß man eines jeden Opi- 
nion 2c. hören wolle. Für deren Anhörung waren eigentlich schon die 
torgauer Artikel bestimmt gewesen. In den langen Wochen des Wartens 
auf den Kaiser arbeitete aber Melanchthon ein ganz neues Werk aus, das 
als das Meisterwerk Meister Philipps bezeichnet werden muß und am 
25. Juni 1530 erst in deutscher Sprache zur Verlesung gelangte und
	        
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