Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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diesem unter der Blume verlangt worden war, das wurde durch den 
Vertrag vom 19. Oktober formell zugestanden: die Kurwürde und die 
Lande des Vetters, letztere, mit Ausnahme des noch immer als böh- 
misches Lehen betrachteten Vogtlandes, sollten au Moritz fallen, wenn 
er die Acht an Johann Friedrich vollstrecken wolle. Vorher waren zwei 
Landtage zu Freiberg gegangen, auf denen, wie auf einem zu Chemnitz 
abgehaltenen, der Herzog alle Hebel in Bewegung hatte setzen müssen, 
um die Stände glauben zu machen, daß ohne sein Dazwischentreten 
und die Achtvollstreckung die sächsischen Lande dem Hause Wettin un- 
widerbringlich verloren gehen und der von ihm selbst auf alle Fälle fest- 
gehaltene Glaube vergewaltigt werden würde. Auch ließ er durchblicken, 
daß die kursächsischen Lande, wenn sich nur der Kurfürst mit dem 
Kaiser vertragen wolle, diesem wieder zugethan werden würden. 
Der verhängnisvolle Vertrag wurde vom Kaiser am 27. Oktober 
genehmigt; er konnte übrigens gar nicht anders, wenn er sich aus 
seiner mit jedem Tage furchtbarer werdenden Lage retten wollte. Am 
selben Tage erließ Moritz seinen Fehdebrief an den Vetter, zu gleicher 
Zeit aber auch eine Erklärung an dessen und seine Unterthanen, daß 
der Religion damit keinerlei Abbruch geschehen solle. Zweifellos lag 
in den Versicherungen des Herzogs eine gewisse Wahrheit, aber eben 
nur, wenn man mit ihm seinen einmal gewählten Standpunkt teilen 
wollte; als ehrlicher Verbündeter der Schmalkalder — wer weiß, was 
er da für merkwürdige Umgestaltungen herbeigeführt hätte, die ihm 
schließlich auch den brennenden Ehrgeiz befricdigt hätten. 
Ende Oktober brach König Ferdinand in das Vogtland ein; binnen 
sechs Tagen nach diesem Einmarsch war laut prager Vertrags Moritz 
gehalten, ebenfalls Farbe zu bekennen. Ohne vielen Widerstand zu 
finden, nahm er die Lande des Vetters in Besitz. Kein Wunder 
schließlich, denn hatte doch der Kurfürst vor seinem Wegzuge Gemahlin 
und Kinder angewiesen, sich ja in jeder Gefahr und Verlegenheit an 
Herzog Moritz zu wenden. Die letzten Verhandlungen mit Ferdinand 
aber, die das dadurch erzeugte Vertrauen hätten schädigen können, 
waren seit dem 30. September so rasch erledigt worden, daß bei den 
damaligen Verkehrsverhältnissen selbst die maßgebenden Persönlichkeiten 
nicht überall zuverlässige Kunde haben konnten. Im Lager von Giengen 
verursachte die Botschaft von dem Treubruche Moritzens natürlich die
	        
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