Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1199 — 
zeichneten sogenannten wittenberger Kapitulation. In dieser 
verzichtete Johann Friedrich für sich und seine Nachfolger auf alle 
Ansprüche an das Kurfürstentum, auf alle Rechte an Magdeburg, 
Halberstadt und Halle, veranlaßte die Freigabe des Markgrafen Albrecht 
von Brandenburg-Kulmbach ohne Lösegeld, ferner die Übergabe der 
sich noch haltenden Festungen Wittenberg und Gotha, verblieb als 
Gefangener entweder am Hofe des Kaisers oder dessen Sohnes 
Philipp, anerkannte das Reichsgericht und was vom Kaifer in Zukunft 
mit den Ständen beschlossen wurde. In den Besitz seiner Lande teilten 
sich Moritz, der nunmehr die Kurwürde erhielt, und König Ferdinand, 
der die im Vogtlande gelegenen böhmischen Lehen Plauen, Pausa, 
Voigtsberg, lsnitz, Adorf, Schöneck, Neukirchen und Mühltroff in 
Anspruch nahm. Moritz versprach dafür die Abtragung aller Schulden 
und den Kindern Johann Friedrichs, der nunmehr als der Altere in 
diesen Urkunden bezeichnet wird, ein Jahreseinkommen von 50000 Gulden. 
Als Sicherheit dafür wurden ihnen die Amter Gotha, Weimar, Eisenach, 
Jena, Weida, die Herrschaft Saalfeld u. s. w., also im großen Ganzen 
das heutige Thüringen, überlassen. Johann Ernst, der Stiefbruder 
des gewesenen Kurfürsten, behielt Koburg, aber seine Bezüge aus dem 
Kurlande wurden von 14,000 Gulden auf die Hälfte zurückgeschraubt. 
Zur Anerkennung des Tridentinums konnte Johann Friedrich nicht 
vermocht werden. 
Am 23. Mai wurde Wittenberg übergeben; die Kurfürstin Sibylla 
kam heraus und that vor dem Kaiser einen Fußfall, wurde jedoch von 
ihm gnädiger behandelt als der Gemahl, der übrigens die Erlaubnis 
erhielt, seine Stadt noch einmal zu besuchen. Am Tage der übergabe 
zog auch Karl in Wittenberg ein, umgeben von den Fürsten und 
sonstigem Gefolge, während die Soldaten nicht in die Stadt ge- 
lassen wurden. An dem evangelischen Gottesdienste wurde nichts 
geändert. Eine spätere Erzählung läßt den Sieger auch Luthers 
Grab in der Schloßkirche besuchen und sinnend längere Zeit da 
verweilen. Als ihm einige Fanatiker rieten, die Gebeine des Ketzers 
herausreißen und verbrennen zu lassen, erteilte er nach derselben 
lberlieferung die würdige Antwort: „Lasset ihn liegen, er hat seinen 
Richter gefunden. Ich führe Krieg mit den Lebenden und nicht mit 
den Toten!“
	        
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