Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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an die Laien gefordert hatte. Er gewann hierfür die meisten der An- 
hänger Hussens und dieser selbst gab noch vom Kerker aus seine 
Zustimmung. Nach Hussens Tode bildete sich ein hussitischer Herren- 
bund am 5. September 1415, der gegen die Hinrichtung Hussens Ver- 
wahrung einlegte, die Kompetenz des Konzils zu Kostnitz in Glaubens- 
sachen anfocht und als maßgebende Autorität die schon völlig der 
neuen Lehre ergebene Universität aufstellte. Das Konzil antwortete 
mit einer Vorladung des Jakob von Mies und der 452 Mitglieder 
des Herrenbundes nach Konstanz; selbstverständlich kamen sie nicht; 
daraufhin erklärte das Konzil die Universität aller ihrer Rechte mit 
Beziehung auf das Ausland für verlustig, that die renitenten Adligen 
in den Bann und ließ durch den Erzbischof das Interdikt über Prag 
aussprechen. Das nutzte nur sehr wenig, da mit Ausnahme der 
Domkirche alle Kirchen in den Händen der Hussiten oder, wie man 
sie auch darnach nannte, daß sie das Abendmal sub utraque forma, 
in beiderlei Gestalt, erteilt haben wollten, der Utraquisten waren und 
ein hussitischer Generalvikar an Stelle des Erzbischofs nach Bedarf 
utraquistische Priester weihte; die Universität erklärte am 10. März 
1417 das Abendmahl in beiderlei Gestalt für notwendig zum Heile 
der Seele und den Magister Hus für einen heiligen Märtyrer, dessen 
Todestag, der 6. Juli, als ein kirchlicher und nationaler Erinnerungstag 
zu feiern sei. Bislang hatte Wenzel der wachsenden Bewegung ruhig, ja 
fast mit einer gewissen Schadenfreude zugesehen. Als aber der neugewählte 
Papst Martin V. mit einem allgemeinen Kreuzzuge drohte und Sigis- 
mund ihm ernste Vorstellungen machte, glaubte er, nunmehr natürlich 
zu spät, einschreiten zu müssen. Er entfernte im Februar 1419 die 
Hussiten aus seiner Umgebung, führte die vertriebenen katholischen 
Priester zurück und wies die heftigsten Eiferer aus der Stadt. Damit 
entflammte er aber den allgemeinen Widerstand, der an Nikolaus Pistna, 
dem Gutsherrn von Hussynecz, woher Hus stammte, und Burggrafen 
auf Prachatitz, und an Johann Ziska von Trocnow, der in Ostpreußen, 
Ungarn und Frankreich seine wilde Kampflust bethätigt hatte und von 
einem tiefen Deutschenhaß beseelt war, zwei bedeutende Führer fand. 
Sie waren es, die zum 22. Juli 1419 auf die geräumige Hochebene 
in der Gegend von Austie, die man in alttestamentlicher Erinnerung 
zum Berge Tabor umtaufte, eine große Versammlung beriefen. Schon
	        
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