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zogen Friedrich und sein Bruder Wilhelm mit Landgraf Friedrich
(dem Friedfertigen) dem König Sigismund mit einem starken Heere
zu Hilfe; allein Freiberg soll dazu zweihundert seiner Bürger gesandt
aben.
v5 Für die Wettiner, namentlich aber für den Beherrscher Meißens,
war die Bekämpfung des Hussitismus fast ebenso wie für Sigismund
eine Lebensfrage. Handelte es sich ja für sie gar nicht so sehr um
den Schutz des katholischen Glaubens, als vielmehr um den Schutz
ihrer deutschen Lande gegen die nationale Anflut des Tschechentums,
um die Verteidigung der in den letzten Jahrzehnten neu gewonnenen
böhmischen Gebietsteile gegen flavische Eroberungssucht; es handelte
sich aber auch um die Wahrung einer in mühsamer Arbeit errungenen
Kultur gegen Scharen, die in ihrem blindwütigen Fanatismus schlimmer
als Vandalen und Hunnen geworden waren und mit dem Kampfe
gegen den Katholizismus, das Deutschtum und die Monarchie auch den
Kampf gegen jede höhere Bildung und Kultur aufgenommen hatten.
Denn mittlerweile hatten die „Taboriten“ ihre Organisation
vollzogen: aller Pomp der katholischen Kirche war abgeschafft, die
Priester erteilten das Abendmahl im Hausrock in tschechischer Sprache.
In kommunistischer Gemeinschaft, durch Gebet und Buße sich gegen-
seitig anfeuernd, bereiteten sich „Brüder“ und „Schwestern" auf die
Wiederkunft des Heilands und das Ende der Welt vor. Dem aber
müßte man vorarbeiten, indem man die Ungläubigen schon vorher
vom Erdboden vertilge. Die hierzu nötige militärische Vorschulung
ward ihnen durch die geniale Leitung Ziskas, der der einfachen
Bewaffnung des Bauern, Spieß, Keule, Dreschflegel. Sense, die ganze
Kampfesweise anzupassen verstand; daneben aber wandte er auch in
größerem Umfange als seine noch immer nach der Art des ritterlichen
Zeitalters fechtenden Gegner die Pulverwaffen an. Es sollte sich hier
erneut beweisen, wie in den Kämpfen der Habsburger gegen die
Schweizer, wie auf dem Schlachtfelde von Crêcy zwischen französischer
Ritterschaft und dem englischen Bürgeraufgebot, wie bei Nikopolis, wo
gegenüber den leichten Türkenscharen 1396 das wuchtige Ritterheer
Sigismunds völlig vernichtet worden war, daß die durch die immer
größere Schwere der ritterlichen Rüstung immer größer gewordene
Schwerfälligkeit der ritterlichen Taktik überholt war durch die leichtere