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200 000, allerdings wohl kaum ganz glaubwürdig, angegeben wird, in
eiligstem Laufe davonrannten. So sah sich auch Friedrich genötigt,
die gewonnenen Stellungen wieder aufzugeben und sich hinter den
schützenden Kamm des Erzgebirges zurückzuziehen. In Anerkennung
seiner Verdienste verlieh Martin V. Friedrich für seine Unterthanen
das Recht, in geistlichen Dingen nicht nach fremden Sprengeln „evociert“
oder vorgeladen zu werden, auch nicht unmittelbar von einer außer-
halb der meißnischen Lande sitzenden geistlichen Behörde mit Bann
oder Interdikt belegt zu werden. Schon Wilhelm hatte 1399, wie
erzählt wurde, Meißen gegenüber Prag und Magdeburg fast voll-
kommene Selbständigkeit verschafft, dabei auch für sich und seine Nach-
folger das Recht erhalten, vier Domherrenstellen beim meißner Kapitel
zu besetzen. Jetzt erhielt Friedrich der Streitbare von dem genannten
Papste das Recht, noch drei weitere Stellen zur Besetzung präsentieren
zu dürfen.
Noch in anderer Weise wurde der Kampf gegen die böhmische
Ketzerei von Friedrich geführt. Sämtliche über zwölf Jahre alte und
mit vernünftigen Sinnen begabten Unterthanen in Meißen und Thü-
ringen sollten einen Religionseid ablegen zur Bekräftigung ihrer katho-
lischen Gesinnung; derselbe Eid wurde in der Lausitz abgenommen und
in den Gebieten der mit Friedrich verbündeten Kurfürsten. Man hoffte
wohl damit auch politischen Ketzereien zu begegnen. Denn das Bei-
spiel der ausständischen und sieghaften böhmischen Bauern konnte leicht
auf den deutschen Bauer einwirken, der sich fast allenthalben in einer
gedrückten Lage befand, und eine gefährliche soziale Revolution hervor-
rufen. Wenn freilich dieser Religionseid keinen Rückhalt an kraftvollen
Rüstungen erhielt, so vermochte er wenig Nutzen zu bringen. Mit
deren Betreiben zeigte man aber trotz aller drohenden Gefahr nirgends
große Eile. Sigismund, der Ende 1421 siegend in Mähren und
Böhmen vorgedrungen war und Kuttenberg wieder eingenommen hatte,
war am 6. Januar 1422 von Ziska bei Deutsch-Brod vernichtend
geschlagen und durch Mähren bis nach Ssterreich hinein verfolgt
worden. Er berief nun einen Reichstag nach Nürnberg, um dort eine
Reichsmatrikel für die kriegerischen Leistungen der einzelnen Stände
gegen die Hussiten festsetzen zu lassen. Die wettinischen Fürsten wurden
dabei nicht mit erwähnt, ohne Zweifel, weil man bei ihrer Lage auch