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ihn so zu hintergehen gewagt hatte, und seine Gemahlin, per-
sönlicher Erbitterung und lutherischen Eifers gleich voll, schürte
diese Flamme Das gegen die Kompromittierten eingeleitete
Verfahren, zudem der Kurfürst auserlesene Mitglieder der Ritter-
schaft und der Landschaft nach Torgau entboten hatte, entschied
jedoch, da hier nur der objektive Tatbestand und nicht die persön-
lichen Faktoren maßgeblich waren, in einer milden, den Ge-
fühlen des Kurfürsten nicht entsprechenden Weise. Deshalb ver-
schärfte er in völlig unrechtmäßiger und teilweise barbarischer
Art die Urteile. Stößel und Schütz wurden eingekerkert; jener
wurde schon 1576 durch den Tod erlöst, diesem brachte nach zwölf
Jahren das Ableben Augusts die Freiheit. Peucer aber und
Cracow bildeten das eigentliche Objekt der kurfürstlichen Wut.
Ersterer, der uns in ergreifender Weise die Geschichte seiner Ge-
fangenschaft selbst erzählt hat, wurde erst nach den Rochlitzer Turm-
gefängnissen, den sogenannten Jupen, dann nach Zeitz, dann wieder
nach Rochlitz und endlich auf die Pleißenburg nach Leipzig ge-
bracht, wo der Kurfürst mancherlei Versuche, auch die Hinrich-
tung wurde angedroht, mit Peucer anstellen ließ, um den Ge-
fangenen von seinen religiösen Überzeugungen abzubringen, wenn
auch ohne Erfolg. Vergeblich verwandten sich für den allgemein
beliebten und geachteten Mann die Stände, die Universität Witten-
berg, Landgraf Wilhelm von Hessen, sogar Kaiser Maximilian,
indem die beiden Fürsten ihn sich zum Leibarzte erbaten. Seine
Befreiungsstunde schlug erst nach dem 1585 erfolgten Tode der
Kurfürstin Anna, als mit unziemlicher Eile der Kurfürst zu einer
neuen Vermählung schritt und die, übrigens sehr jugendliche Braut,
Agnes Hedwig von Dessau auf Anraten ihres Vaters im Januar
1586 die Freilassung des geprüften Greises als Morgengabe er-
bat. Peucer ging nun als Leibarzt an den Hof seines Gönners
und starb in dieser Stellung als 78jähriger Greis 1602 zu
Dessau. — Geradezu furchtbar aber war das Geschick Cracows.
Er wurde mitten in der Nacht vom 14./15. Juli 1574 von
seinem bei Dresden gelegenen Wohnsitze abgeholt und ebenfalls
nach der Pleißenburg gebracht. Ein schlechtes Gefängnis mußte
er bald mit einem noch übleren Loche vertauschen, als heraus-