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ohne es zu wissen und zu wollen, die Geschäfte des Papsttums
besorgte, stemmte er sich gegen die von Papst Gregor XIII. ein-
geführte ganz notwendig gewordene Kalenderverbesserung als
„Teufelswerk“, und bewirkte dadurch, daß die anderen evangelischen
Fürsten sich seinem verwerfenden Votum anschlossen und weiter—
hin mit dem julianischen Kalender zehn Tage hinter der wirklichen
Zeit nachhinkten. Erst 1700 wurde das törichte Vorurteil gegen
etwas unweigerlich Richtiges von den protestantischen Staaten
aufgegeben.
Auch die bald hervortretende Kölner Erzstiftsfrage fand August
nicht an der richtigen Stelle. Im Dezember 1577 hatte Gebhard
Truchseß von Waldburg den Kölner Stuhl als Erzbischof be-
stiegen. Ein Liebesverhältnis, das er seit dem Jahre 1579 mit
einer Kanonissin des Stiftes Gerresheim bei Düsseldorf, einer
Gräfin Agnes von Mansfeld unterhielt, veranlaßte ihn, da auch
die Brüder der Dame auf eine gesetzliche Ordnung der Sache
drangen, Weihnachten 1582 zum Protestantismus überzutreten,
im Januar 1583 die Freistellung des Bekenntnisses in seinem
Sprengel zu verkünden und dann zur Vermählung zu schreiten.
Gleichzeitig aber berief der erbitterte Gegner des Erzbischofs,
Chorbischof Friedrich, ein Herzog von Sachsen-Lauenburg, die
Stände des Erzstifts auf Ende Januar zu einem Landtage nach
Köln und eröffnete kriegerische Feindseligkeiten gegen den Erz-
bischof, der sich zu Bonn festgesetzt hatte; schon kamen auch spa-
nische Truppen und lagerten bei Köln.
Siegte in diesem Kampfe der Erzbischof, was natürlich nur
mit protestantischer Hilfe möglich war, so war zwar der an sich
schon schadhaft gewordene Religionsfrieden gänzlich durchbrochen,
zugleich aber auch der geistliche Vorbehalt in einem der wich-
tigsten Reichsgebiete beseitigt und im Kurfürstenkollegium eine
protestantische Mehrheit erzielt. Kurfürst August zeigte anfangs,
wie auch Ludwig von der Pfalz, ein sehr lebhaftes Interesse
für die Sache des Kölners. Während im März 1583 Ludwig
zu Worms die pfälzischen, oberdeutschen und fränkischen Stände
für den Kölner zu gewinnen unternahm, versammelten sich die
norddeutschen protestantischen Fürsten zu Erfurt. Und hier ge-