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Geheimen Rats und übertrug ihm die Erledigung der wichtigsten
Geschäfte, so daß der bisherige Kanzler David Peifer, übrigens
ein besonderer Förderer des Konkordienwerkes, schließlich im Juli
1589 zurücktrat. Gerade ihn mußte es schwer kränken, daß mit
des Kurfürsten Genehmigung 1587 an den beiden Landesuni-
versitäten Leipzig und Wittenberg und bei allen Schul= und Kirchen-
beamten die Verpflichtung auf die Konkordienformel beseitigt und
bei der Verpflichtung auf die Augustana der Unterschied zwischen
der ursprünglichen Fassung und der Variata in Wegfall kam. Den
aus den Kreisen der orthodoxen Geistlichkeit sowohl von der
Kanzel als aus Streitschriften alsbald hervortönenden heftigen
Widerspruch versuchte Crell durch einen kurfürstlichen Erlaß im
Jahre 1588 zu unterdrücken; er verbot bei Strafe der Ausweisung
die persönlichen Angriffe wegen der Lehre und die Verurteilung
als falscher Lehre alles dessen, was die Augsburger Konfession
unentschieden gelassen und nur die Konkordienformel verworfen
hätte. Zur Durchführung dieses Verbotes in der Presse setzte er
eine freilich nicht immer unparteiische Kommission mit ausreichen-
der Zensurgewalt ein.
Als Verteidiger des Orthodoxismus trat besonders der Hof-
prediger Mirus auf, der dem Kurfürsten von der Kanzel zurief:
„Ew. Kurfürstliche Guaden werden dem Heiligen Geist das
Maul nicht stopfen,“ über welche Unverschämtheit er dann eine
Weile auf dem Königstein nachdenken durfte. Auch Seldecker
mußte am 17. Juli 1589 seine Stelle aufgeben, als er in das
von der Kanzel zu verlesende Gebet den sinnigen Vers auf die
Calvinisten eingeflochten hatte: „Schenk doch den bösen Buben
ein und laß sie saufen höllische Pein!“ Die Stelle Selneckers
an der Thomaskirche zu Leipzig erhielt der philippistisch gesinnte
Dr. Gundermann, und Wolfgang Harder, gleicher Gesinnung,
wurde zur Superintendentur berufen. An Polykarp Leysers Stelle
u Wittenberg trat als Generalsuperintendent der gemäßigte
Pierius (Birnbaum) und die Hofpredigerstellen zu Dresden wurden
mit Salmuth und Steinbach besetzt. Besonders aber empfand
die orthodoxe Partei und das Volk die von Crell verfügte Ab-
schaffung der Exorzismussormel, d. h. des bei der Taufe ange-