Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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mut und Zurückgezogenheit, sein Leben mit Kräutersuchen fristend 
und dabei gelehrte botanische Studien treibend. Nach ihm soll 
der auch Gundelrebe benannte Gundermann (Glechoma hederacea) 
seinen Namen erhalten haben. Mirus, Mylius, Hunnius, Leyser 
und noch zwei andere Theologen verfaßten im Verein 
mit zwei Juristen und neun Deputierten der Ritterschaft die vier 
Visitationsartikel, die von dem Abendmahle, der Person Christi, 
der Taufe und der Gnadenwahl handelten und die Konkordie als 
reine und wahrhafte Lehre der Kirche bezeichneten. Eine Verord- 
nung der Stände verlangte 1592 hierfür die Unterschrift von Pro- 
fessoren, Geistlichen und Lehrern, 1595 für alle neu einzustellen- 
den Beamten und verfügte für Widerstrebende Amtsentsetzung 
und Vertreibung, was dann auch mehreren Professoren, Mitglie- 
dern des Oberhofgerichts, dem Leipziger Bürgermeister u. a. gegen- 
über schonungslos durchgeführt wurde. In Leipzig durchsuchten 
die vorsichtigen Herren sogar den Knopf des Nikolaikirchturmes 
nach calvinistischen Schriften. Ein am 11. Febr. 1593 ab- 
gehaltenes Dankfest feierte die Wiederherstellung der reinen luthe- 
rischen Lehre. Die aufgeregte und teilweise künstlich aufgestachelte 
Menge zu Leipzig aber erging sich am 19. Mai und folgenden 
Tagen in ganz unerhörten und empörenden Ausschreitungen gegen 
den für einen Calvinisten verschrienen Kaufmann Weinhaus und 
andere wirkliche und vermeintliche Calvinisten, bis, freilich spät 
genug, der Administrator, namentlich um der Messe willen, ener- 
gisch einschritt und die Haupträdelsführer hinrichten ließ. 
Ein besonderes Kapitel, wenn auch kein rühmliches, bildet 
der Prozeß Crells. Zunächst war die Behandlung des kränklichen 
Mannes, dem man eine nicht heizbare Zelle zugewiesen hatte, 
bei kärglicher Verpflegung durchaus unwürdig. Dann aber war 
das gegen ihn eingeleitete Verfahren durchaus ungesetzlich. Erst 
im Juli 1595 begonnen, gestaltete es sich aus einem Anklage- 
prozeß durch die Landschaft in einen Inquisitionsprozeß um, 
d. h. in einen solchen, in dem Anklage und Urteil in der Hand 
derselben. Behörde, hier also des Administrators, lag. Vergeblich 
protestierte Crell, dem man nicht einmal einen Verteidiger be- 
willigte, gegen die Ungesetzlichkeit, vergebens brachte seine Gattin
	        
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