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beiden Linien gewählt wurden, nämlich vier der Ritterschaft An-
gehörige, vier Schriftsassen und vier gelehrte Doktores, zu denen
dann die beiden Präsidenten hinzutraten. Das Gericht kam jähr-
lich mindestens viermal auf zehn Tage abwechselnd in Leipzig
für das albertinische, in Altenburg für das ernestinische Sachsen
zusammen unter dem jeweiligen Vorsitze des albertinischen oder
des ernestinischen Präsidenten. Die Ritterschaft und der Hoch-
adel wollten allerdings die Kompetenz des Oberhofgerichts nicht
anerkennen. Hans von Haugwitz, von dem kurfürstlichen Amts-
verwalter Asmus Spiegel vor Gericht gefordert, nannte diesen einen
Narren und wünschte ihm alle möglichen Suchten an den Hals. Er
mußte von Moritz mit großer Energie zur Vernunft gebracht werden.
Appellationen an auswärtige Gerichte waren nicht gestattet.
Bei der Übertragung der Kurwürde bedang sich Friedrich der
Streitbare 1423 für alle seine Lande das durch die „Goldene
Bulle“ gewährleistete privilegium de non appellando, aus, das nach
Einrichtung des Reichskammergerichtes 1497 wieder bestätigt wurde.
Nur bei Rechtsverweigerung war Appell zugelassen. Auf Grund
dieser Ausnahme vermochte Crells Gemahlin, wie früher er-
zählt wurde, eine rechtsgültige Appellation an das Reichskammer-
gericht einzureichen, die freilich keinen Erfolg hatte. Infolge des
fortgesetzten Widerstandes des höheren Adels gegen das Oberhof-
gericht griff Kurfürst August deshalb auf eine schon von seinem
Bruder angestrebte Einrichtung zurück, indem er seit 1576 einige
Hofräte und einige Mitglieder der Juristenfakultäten von Leipzig
und Wittenberg jährlich zweimal nach Dresden zur Erledigung
besonders von Appellationen gegen das. Oberhofgericht berief. Ein
stehendes Appellationsgericht wurde erst 1605 durch die im Auf-
trage des Kurfürsten Christian II. von dem bedeutenden Rechts-
gelehrten Hartmann Pistoris verfaßte Ordnung ins Leben ge-
rufen.
Das zugrunde gelegte Recht war in den ersten Jahrzehnten
des 16. Jahrhunderts noch immer das Landrecht des Sachsen-
spiegels. In zweifelhaften Fällen wandte man sich in den säch-
sischen Landen gern an berühmte Schöppenstühle, namentlich an
den Leipdiger auch der von Dohna wird noch unter Moritz er-