Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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und der Superintendent mit der Geistlichkeit von Leisnig. In— 
folgedessen wurde Wolf am 13. Januar aus seinem Gefängnis 
entlassen, aber Landes verwiesen. 
In der oben gestreiften Kirchenordnung der Generalartikel 
vom 1. Januar 1580 befand sich auch die wichtige Anderung, 
daß das Konsistorium zu Meißen eingezogen, dafür aber in Dresden 
ein Oberkonsistorium errichtet werde. Dies Oberkonsistorium war 
nun die vorgesetzte Instanz der beiden anderen Konsistorien, hatte 
über alle Kirchen, auch die unmittelbar unter kurfürstlichem Patro- 
nat stehenden, und über die Schulen das oberste Aufsichts= und 
Besetzungsrecht. Im Anschluß an die von dem Oberkonsistorium 
veranstalteten Visitationen wurden Generalsynoden begründet. 
Eine wichtige Befugnis der neuen Behörde war die Ober- 
aufsicht über die zu theologischen Studien und kirchlichen 
Zwecken gemachten Stiftungen, die übrigens Kurfürst August sehr 
vermehrte. 
War es im Beginne der Reformation oft schier unmöglich 
gewesen, für die Predigt und das geistliche Amt überhaupt ge- 
eignete Vertreter zu finden, so war diese Schwierigkeit trotz aller 
Bemühungen auch in den folgenden beiden Generationen noch 
nicht gänzlich behoben. Noch der Leipziger Superintendent Sel- 
necker (f 1592) konnte von einigen seiner Amtsbrüder schreiben: 
„Ihr Leben ist gar fern von der Lehre, daß man schier nicht 
weiß, wo man einen feinen Mann, Lehrer oder Pfarrherrn fin- 
den sollte, der nicht große Laster auf sich hätte.“ Sehr ver- 
wildernd wirkten vor allem erst die flacianischen, dann die kryptocal- 
vinischen Streitigkeiten, die hüben wie drüben die Kanzel zur 
Stätte wüstester Schimpfereien herabwürdigten. Der Hofprediger 
Pierius entwirft von einem orthodoxen Heißsporne folgende Cha- 
rakteristik: „Er trete in der Woche einmal oder zweimal auf 
die Kanzel, bringe eine halbe Predigt zu mit Lügen, Lästern und 
Verdammung anderer Christen, er schäume vor Bosheit wie ein 
Eber, schnaube, bis ihm der Schweiß ausbreche, schreie, daß ihm 
der Hals weh tue — so bekomme er von seinen Zuhörern das 
Lob eines treuen lutherischen Predigers.“ So verrohte leider 
auch der Geschmack und die Gesinnung der Gemeinden, wenn
	        
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