Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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versität auf Mariä Lichtmeß 1558 (2. Februar) feierlich eröffnet 
werden. Von der theologisch-politischen Bedeutung, die Jena seit 
des Flacius dortiger Wirksamkeit als Hochburg der strengsten 
lutherischen Orthodoxie erhielt, war schon an seiner Stelle die 
Rede. Auch zu Crell stand Jena in Opposition. 
Das Lebender Studenter ließ zwar infolge der Wieder- 
erweckung der klassischen Studien und infolge der Reformation 
bei vielen einen rühmenswerten Fleiß bemerken, aber daneben 
florierten doch die alten Mißbräuche des Pennalismus und die 
Laster des Trunkes und der Rauflust. Welchen Unfug mußte 
der von irgend einer Schule kommende „Pennal“ von den ihm 
schon vor der Stadt auflauernden älteren Kommilitonen erdulden! 
Und wenn dann der Pennalstand vorbei war, der nach den Vor- 
schriften eines höchst mysteriösen Komments 1 Jahr 6 Wochen 
6 Tage 6 Stunden und 6 Minuten dauerte, dann erfolgte das 
sog. „Deponieren“ oder „Abhobeln“, wobei dem zu Deponieren- 
den mit hölzernem Beil, Hobel, Säge, Kamm, Schere, Raspel mit 
Ohrlöffel, Bohrer und Rasiermesser, alles dies in riesigen Dimen- 
sionen, erbarmungslos zugesetzt wurde; selbstverständlich wurde 
hierbei maßlos getrunken. Der glücklich Deponierte hieß nun 
Schorist, vielleicht von Scheren abzuleiten, weil er ein Geschorener 
war und nun auch andere scheren konnte. Neben dem Pennalismus 
machte sich eine unerhörte Rauflust breit, der es auf Mord und 
Totschlag nicht weiter ankam. Im Mai 1545 erschien deshalb ein 
Edikt des Herzogs Moritz, daß hinfort die Leipziger Studenten 
und Handwerksburschen kein schädlich Gewehr, d. h. keine Degen 
mehr tragen dürften, auch sich nicht bei nächtlicher Zeit, d. h. 
im Sommer nach 9, im Winter nach 8 Uhr ohne dringende Ge- 
schäfte auf den Gassen ohne Licht betreten lassen sollten. Daß 
man auch in Wittenberg rasch mit „schädlichem Gewehr“ bei der 
Hand war, beweisen die Aufzeichnungen eines dort studierenden 
Hildesheimers, der zu und kurz nach Michaelis 1516 drei erstochene 
Studenten namhaft zu machen weiß. Ferner scheint nach unserem 
Empfinden dem so gearteten Bruder Studio modische Putzsucht ge- 
legen zu haben. Aber dem war doch nicht so. Fürstliche Mandate 
machten sich zur Zeit des Hosenteufels notwendig, weil die Studen- 
Sturmhoefel, Ceschlchte der sächlischen Lante. 12
	        
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