Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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farben gehaltenen Narrenkleidung trug und fleißig handhabte. 
Er hatte nicht bloß durch närrische Einfälle für Kurzweil zu 
sorgen, sondern auch des überlieferten Zeremoniells zu walten; 
besondere Sünder gegen die Schützenordnung wurden in der derben 
Art der Zeit von ihm in seinem „Predigtstuhl“ justifiziert. Zur 
Seite stand ihm in gleichem Kostüme eine kleine Schar durch- 
triebener junger Kerle. Außer dem Schießen fand allerlei Kurz- 
weil für das Volk statt und Gaukler mit den verschiedensten Künsten 
ließen sich sehen. Der Zudrang, auch aus weiterer Ferne, war 
in der Regel bedeutend. Nach Zwickau hatten 1573 39 Orte 
187 Armbrustschützen gesandt; mit ihnen erschienen drei schwä- 
bische Bauern aus Göppingen, die zum Arger der Zwickauer die 
besten Preise gewannen. Auch sog. „Glückstöpfe“ wurden auf- 
gestellt; in dem einen auf Zetteln die Namen der Spieler, in 
dem andern die Gewinnummern ebenfalls auf Zetteln; solche 
blieben zu Leipzig 1592 8 Tage lang im Betriebe, als Vor- 
läufer der späteren Lotterien. 
Bei solchen festlichen Veranstaltungen zeigte sich noch die 
Wohlbehäbigkeit der Bürgerschaft. Handwerk hatte noch immer 
goldenen Boden; die Zünfte hielten auf feste Preise, die freilich 
nicht allgemein Beifall fanden, oft auch nicht in der Hof= und 
Haushaltung des Kurfürsten, der mehrmals versuchte, für ge- 
wisse Erzeugnisse Maximalpreise zu bestimmen. Auch das Kunst- 
handwerk blühte; berühmt waren die Leipziger Zinngießer, die 
Wittenberger Plattner, d. h. Harnischmacher, aus deren Zahl Haus 
Eryngk, vor allem aber die Familie Rockenberger hervorzuheben 
ist. Auch die Goldschmiedekunst hatte in dem Leipziger Jakob 
Grieb und den Dresdenern Georg Weinolt und Urban Schneeweiß 
anerkannt tüchtige Vertreter. 
Von größeren Betrieben verdient die Leinwandfabri- 
kation Erwähnung. Ein Bericht vom Jahre 1581 besagt, 
daß zu Leipzig, Colditz, Rochlitz und Waldheim von den Nürn- 
berger Kaufleuten für zirka 200000 Gulden Leinwand gehandel, 
dann zum Teil in Leipzig gefärbt und nach Nürnberg verschict 
werde; es seien fürf namhafte Nürnberger Firmen, die zu Leipzig 
Zweigniederlassungen hätten und sich guten Kredits erfreuten. —
	        
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