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Die Wollspinnerei und Tuchweberei gewannen besonderen
Aufschwung Ende der 60er Jahre durch Aufnahme der durch
Albas Tyrannei vertriebenen Niederländer, so daß der Tuchhandel
sich bald über Sachsens Grenzen hin ausbreitete. Auch kam die
Fabrikation baumwollener Waren durch die Niederländer
nach Sachsen, ebenso durch den Niederländer Thomas Roekart 1558
die Herstellung sog. „Berkane“ nach Frankenberg, einer Art Kamm-
garngewebe. 1562 wurde der erste Grund zur Barchentmanu-
faklur gelegt; noch unter Augusts Regierung machte sich Samt-,
Seide= und Atlasfabrikation in Sachsen heimisch. Nach seinem
Tode soll 1588 ein aus Maastricht vertriebener Kaufmann, namens
Heinrich Ryssel, in Leipzig die ersten Gold= und Silberziehereien
eingerichtet haben. — Andere Betriebe brachten dem Erzgebirge
Nahrung. Barbara von Elterlein, als Tochter des Nürnberger
Patriziers Heinrich von Elterlein im Jahre 1514 zu Elterlein
geboren, dann mit dem reichen Bergherrn Christoph Uttmann
zu Annaberg verheiratet, der aber schon 1555 starb, erfand nach
der gewöhnlichen Überlieferung 1561 die Kunst des Spitzen-
klöppelns. Nach neueren Forschungen trugen aber schon 1557
Annaberger Frauen selbstgeklöppelte Spitzen, und überdies war
die Kunst des Klöppelns schon vorher in den Niederlanden und
in Venedig bekannt. Auch hat schon 1560 Mutter Anna bei der
Christoph Uttmann, wie sie sie nennt, Spitzenborten für Schleier
bestellt. So wird die im ganzen Erzgebirge gekannte und ge-
segnete Frau ihre reichen Mittel benutzt haben, um das Klöppeln
in weitesten Kreisen bekannt zu machen und damit eine neue,
reichlich fließende Erwerbsquelle zu öffnen. Sie starb zu Anna-
berg am 14. Januar 1575; 1835 wurde ihr dort ein wohlver-
dientes Denkmal errichtet. — Früher als das Klöppeln entwickelte
sich seit 1550 die Herstellung von Borten mit Hilfe der sog. Borten-
lade, auch eine Kunst, deren Heimat in den Niederlanden zu suchen
ist. Aus ihr entwickelte sich die Tausende von Händen in Be-
wegung setzende Posamentenindustrie des Erzgebirges, namentlich
in Annaberg.
Mit dem wachsenden Wohlstande wuchs auch das Bedürfnis
besseren Wohnens und der Verschönerung der Stadt. Schon wur-