Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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steuerfrei überlassen werden sollten. — Eine große Plage wurden 
das überhandnehmende Wild und reißende Tiere. So klagten die 
Bewohner von Geithain, daß sie ihre geringe Ernte vor dem 
Wilde nicht behalten und auf dem Felde vor Wölfen nicht sicher 
sein könnten. Auch Bären wurden häufig. Kurfürst Johann 
Georg versprach schon 1640 der Ausbreitung des Wildes ent- 
gegenzutreten, ohne daß jedoch etwas Ernstliches geschah. 
Gleichermaßen lagen auf Jahre hinaus Handel und Gewerbe 
danieder und wurden durch die zunehmende Münzverschlechterung 
gelähmt. Das Kippen und Wippen, d. h. das Beschneiden und 
geringwichtige Ausprägen von Münzen, dauerte auch nach dem 
Kriege noch an, und die Fürsten wetteiferten in dieser Kunst 
mit den Geldwechslern. Besonders beliebt war das Umschmelzen 
vollwichtiger Taler in leichte. Noch 1651 verbot ein kurfürst- 
liches Patent das Einwechseln und Umschmelzen von sächsischen 
Talern. Durch Mangel an Arbeitskräften konnten auch die Gruben 
nicht befahren werden, viele ersoffen; es fehlte am nötigen Silber. 
Aber schlimmer als die vielen materiellen Übel war die Ver- 
wilderung und Verrohung der Sitten. Man stelle es sich in 
seiner ganzen Tragweite vor, daß eine ganz neue Generation 
innerhalb der Zeit der Zerstörung aufgewachsen war und die 
Segnungen des Friedens nie kennen gelernt hatte. Wer in sich 
Kraft und Mut fühlte, war unter die Soldaten gegangen, um 
lieber Hammer als Amboß zu sein, und hatte sich an alle Greuel 
als an etwas Selbstverständliches gewöhnt. Soweit solche Leute 
den Krieg gesund und mit heilen Knochen überstanden hatten, 
für die Arbeit des Friedens waren sie untauglich geworden. Tau- 
sende von faulenzenden Landstreichern lagen auf den Landstraßen, 
obwohl es überall an arbeitenden Händen mangelte; oder aus 
den alten Soldaten bildeten sich Räuberbanden, die noch auf 
Jahre der Schrecken der friedlichen Bevölkerung waren. 
Völlig heruntergekommen waren natürlich die niederen wie 
höheren Schulen. Schon 1635 fehlte es, wie der Landtag klagte, 
an Mitteln, die Lehrer zu unterhalten. In der Landtagspropo- 
sition vom Jahre 1640 heißt es: „Wir sind nicht wenig sorgfältig 
und betrübet uns von Herzen, daß wir kürzlich erfahren und 
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