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Von den 1656 ins Leben getretenen Seitenlinien war also
als erste die Zeitzer mit dem Jahre 1718 erloschen, es folgte 1738
die Merseburger und 1746 die Weißenfelser. Bei der Teilung
hatte Johann Georg l. seinen vier Söhnen vier Becher gegeben
mit der Bestimmung, daß sie mit dem Lande je beim Aussterben
einer Linie an das Kurhaus zurückfallen sollten. 1746 waren
also alle vier Becher wieder im Dresdener Schatzhause vereinigt.
Johann Georg III. 1680 —1691.
Der neue Herrscher stand bei seinem Regierungsantritte im
34. Lebensjahre, ward aber schon, seit seiner Verheiratung vom
Vater zur Landesregierung herangezogen und am 23. Nov. 1672
zum Landvogt der Oberlausitz gemacht, wobei ihm das neu durch-
gebaute Schloß Ortenburg bei Bautzen zum Wohnsitz angewiesen
wurde. Aber mehr noch als die Regierungsgeschäfte inter-
essierte ihn, abgesehen von der auch von ihm leidenschaftlich ge-
liebten Jagd, das Kriegswesen. Ein gewisser Hans Kuffer wird
als sein Lehrmeister „in der Fortifikation und den dazu ge-
hörigen Wissenschaften auch in allerhand Kriegsexerzitien“ ge-
nannt und ging ihm auch später in der Organisation der Artillerie
an die Hand. Entgegen dem gravitätischen Auftreten des Vaters
war der neue Kurfürst ein Freund ungezwungener, mitunter
ausgelassener Geselligkeit, auch reichlicher Trinkgelage. Ein feu-
riges Temperament und sinnliche Beanlagung entfremdeten ihn
allmählich seiner Gemahlin. Schon als Kurprinz hatte er für
Margarethe Susanne von Zinzendorff geschwärmt, die 1678 bei
Hofe als eben erst erblühte Schönheit erschien. Auch eine ita-
lienische Sängerin, Margherita Solicola, entflammte das Herz
des jungen Herrschers. Hierdurch trennte sich der Hof in zwei
Lager, was nicht ohne Einfluß auf die politischen Ereignisse
blieb. Auf der einen Seite stand die strengmoralische und fromme
Kurfürstin, unterstützt von dem Geheimratsdirektor von Gersdorff,