Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Grenzen der Stadtmauern allmächtigen Rate recht= und hilflos 
gegenüberstand. 
Und nun sah sich das Kurfürstentum auch bald in einen 
Krieg hineingerissen, der Sachsen gar nichts anging. Auf der 
Heimkehr von seiner europäischen Reise hatte sich Zar Peter von 
Rußland Ende Juli 1698 auf Schloß Rawa bei Warschau mit 
König August über ein gemeinsames Vorgehen gegen den seit 
1697 auf dem Throne der Wasa sitzenden Karl XII. verständigt. 
Rußland strebte mit aller Macht nach der für seine Entwickelung 
unerläßlichen Ostseeküste; auch König August hatte an einem sol— 
chen Kampfe Interesse: Livland Schweden zu entreißen, gehörte 
mit zu den Forderungen der von ihm beschworenen Pacta conventa, 
und im Falle des Krieges konnte er seine sächsischen Regimenter 
in Polen behalten, auf deren Entfernung der polnische Reichstag 
immer drang. Die Stimmung in Livland schien einem solchen 
Unternehmen gerade günstig. Der 1697 gestorbene schwedische 
König Karl XI. (1660—1697) hatte durch die sogen. Domänen- 
reduktion die von einem eigensüchtigen Adel unter dem Miß- 
regiment der Königin Christine zu Unrecht in Besitz gebrachten 
Krongüter wieder an sich gerissen, dann aber den Fehler gemacht, 
diese Maßregel auch auf die auswärtigen Provinzen, insbesondere 
auf Livland, auszudehnen, wo gar nicht dieselben Voraussetzungen 
vorhanden waren wie in Schweden. 
Gegen diesen Rechtsbruch war niemand so energisch aufge- 
treten, als der livländische Edelmann Johann Reinhold von Pat- 
kul, der, um 1660 geboren, 1690 von der livländischen Ritterschaft 
mit einer Deputation nach Stockholm gesandt worden war, um 
gegen die Reduktion Verwahrung einzulegen. Ohne Erfolg er- 
zielt zu haben, kehrte er zurück, wurde naturgemäß das Haupt 
der livländischen Opposition und geriet darüber in Differenzen 
mit dem schwedischen Gouverneur zu Riga, dem Grafen Hastfer. 
Deshalb wiederum nach Stockholm zitiert, entwich er von dort 
heimlich, weil er, von Freunden gewarnt, für sein Leben trot 
zugesicherten freien Geleites fürchtete. Nun verurteilte ihn die 
vom Könige eingesetzte Kommission am 4. Dez. 1694 zum Ab- 
hauen der rechten Hand, Verlust der Güter und des Lebens und
	        
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