Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Karl, dessen ganzes Außere mit übertriebener Einfachheit im 
größten Gegensatz zu der Eleganz und Pracht in Augusts Auf- 
treten stand, eine Zeitlang zur Verhöhnung des Vetters dieses 
„ledernen“ Themas bedient hat. 
Erreicht hat August durch den persönlichen Verkehr mit Karl 
jedenfalls gar nichts. Am 1. Jan. 1707 wurde im ganzen Lande 
ein kirchliches Dankfest „wegen erhaltenen Friedens“ gefeiert; 
August mußte sich ferner soweit demütigen, daß er in einem 
Schreiben vom 19. Jan. 1707 alle seine nach Polen ergangenen 
Ableugnungen des Friedens für unwahr erklärte. Auch mußte 
er auf Karls Verlangen unter dem 8. April 1707 seinem 
Gegenkönige Stanislaus in einem eigenhändigen Briefe zur end- 
gültigen Gewinnung des polnischen Thrones gratulieren. Am 
Tage vorher war die immer noch verzögerte Auslieferung Patkuls 
an den schwedischen General Meierfeld erfolgt; den früheren Be- 
rater entwischen zu lassen, hatte August weder den Mut, noch 
auch vielleicht, unter dem Einflusse der alten Feinde Patkuls, 
Schulenburgs, Hoyms und Pfingstens, die Absicht. Des Liv- 
länders harrte ein unverdient grausames Schicksal. Beim Abzuge 
Karls wurde er in Ketten mitgeschleppt, bis man bei dem kleinen 
Städchen Kazmierz unweit der heutigen preußisch-polnischen Grenze 
anlangte. Auf einer Wiese, die noch heute im dortigen Volksmunde 
die „Patkulka“ heißt, wurde am 9. Okt. 1707 die von Karl höchst- 
eigenhändig entworfene Hinrichtung exekutiert; der Delinquent 
sollte erst von unten auf gerädert und dann gevierteilt werden. 
Da der mit Mühe aufgetriebene dortige Henker weder seine Sache 
verstand, noch die nötigen Werkzeuge hatte, so spielte sich eine 
Szene von unbeschreiblicher Grauenhaftigkeit ab, der jedoch Karl 
mit ungetrübter Seelenruhe zuschaute. Auf seinen Befehl wurden 
dann Rumpf und Gliedmaßen auf vier besondere Räder geflochten, 
der Kopf aber auf einen Pfahl gesteckt. Diese stummen Zeugen 
der schmachvollen Unmenschlichkeit des sonst so viel gepriesenen 
Schwedenkönigs wurden erst im Oktober 1709, man weiß nicht 
auf wessen Befehl — vielleicht ordnete es, durch den französischen 
Gesandten angeregt, August an — in aller Stille beseitigt. 4 
Bleiben wir aber zunächst bei Augusts Verhalten gegenüber
	        
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