Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Deutschland, zurückgehenden Ansprüche anerkannt zu sehen. Wenn 
sich nun auch Rom, Karl, Marlborough, freilich aus recht ver- 
schiedenen Gründen, für diese Sache zu interessieren schienen — 
Karls Versprechen seiner bona ofkicia in dieser Sache hatte un- 
mittelbar Patkuls Auslieferung zur Folge —, so ließ doch die 
rauhe Wirklichkeit bald diese schöne Seifenblase platzen, denn schon 
im Mai 1707 trat ein kaiserliches Heer seinen Marsch zur Be- 
setzung Neapels an, das am 6. Juli 1707 auch trotz aller frühe- 
fren Gegenversicherungen des Papstes und eines neapolitanischen 
Gesandten an August, des Grafen Marini, sich dem Erzherzog 
Karl von Osterreich überantwortete. 
Anfang Mai ließ August ganz plötzlich die Friedensunter- 
händler Imhoff und Pfingsten verhaften, das erste Zeichen, 
daß sich die kaum mit Karl geknüpften Beziehungen wieder locker- 
ten. Auch wär man dem Zaren für Patkul einen Sündenbock 
schuldig. Freilich solange Karl noch im Lande weilte, wurde 
der Prozeß gegen jene nicht eröffnet. Erst 1708 wurden sie vor 
eine Kommission gebracht, die aus Mitgliedern der Leipziger und 
Wittenberger Juristenfakultät und des Leipziger Schöppenstuhles 
zusammengesetzt war. Nicht früher als 1710 kamen sie zu einer Ent- 
scheidung, indem sie gegen Imhoff auf ewiges Gefängnis und Ein- 
ziehung seiner Lehnsgüter, gegen Pfingsten aber auf Tod erkannten, 
ein Urteil, das 1713 umgewandelt wurde, und zwar verhängte der 
neue Spruch über Imhoff zehnjähriges Gefängnis, über Pfingsten 
ganz allgemein „eine andere nachdrückliche Strafe“. Imhoff 
kaufte sich bald mit einer Summe von 40000 Talern los, Pfingsten 
aber, der über solche befreiende Mittel nicht verfügte, starb 
1735 als Gefangener auf dem Königstein. Die Frage nach 
der Verschuldung der beiden Bevollmächtigten ist schwer zu ent- 
scheiden, auch fehlt es in unsrer Darstellung an Raum dafür. 
Jedenfalls ist Imhoff, wenn überhaupt ihn ein Vorwurf trifft, 
der weniger schuldige Teil gewesen. Daß Pfingsten, als er von 
Nowogrödek nach Dresden kam, schon darin nicht korrekt handelte, 
daß er bei der total veränderten Lage nicht erst noch einmal 
sich Instruktionen erholte, schon um, entsprechend den Intentionen 
seines Herrn, die Sache in die Länge zu ziehen, ist nicht zu
	        
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