Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Zu den polnisch-sächsischen Annalen dieser Zeit gehört leider 
auch das sogen. Thorner Blutbad. In der der Mehrzahl der 
Bevölkerung nach deutschen und protestantischen Stadt Thorn 
hatten die Jesuiten ein polnisches Seminar gegründet. Bei 
einer von ihnen am 16. Juli 1724 veranstalteten Prozession 
wollten Zöglinge dieses Seminars vorübergehende Protestanten 
zum Niederknien zwingen. Darüber kam es zur Schlägerei, 
die Seminaristen wurden auf ihr Haus zurückgetrieben und 
schossen von da aus auf die erregte Menge, die ihrerseits das Semi- 
nar stürmte und demolierte. Darauf Klage der Jesuiten gegen den 
an der Sache ganz unschuldigen Magistrat von Thorn, fulminante 
Kreuzpredigt des Pater Provinzial auf dem Reichstag, Entsendung, 
mit Genehmigung des Königs, einer Kommission nach Thorn und 
nach deren Rückkehr Abhaltung eines sogen. Assessorialgerichtes, das 
ohne Verteidigung und Verhör der Angeklagten die beiden Bürger- 
meister Rösner und Zerneck zur Hinrichtung mit dem Schwert 
und Konfiskation ihrer Güter, zehn andere angebliche Urheber des 
Tumults zum Tode nach vorherigem Abhauen der rechten Hand 
verurteilt und Vierteilung und Verbrennung der entseelten Körper 
anordnet. Das Urteil wurde schon am 7. Dez. 1724 vollstreckt mit 
Ausnahme gegen Zerneck, der entkam. Diese Schnelligkeit der 
Exekution machte den Einspruch Friedrich Wilhelms und des Zaren 
nutzlos. König August entschuldigte sich bei ihnen damit, daß 
ihm kein Begnadigungsrecht zustehe, und bei den protestantischen 
Ständen zu Regensburg damit, daß er nicht gehofft habe, das 
Urteil werde buchstäblich vollstreckt werden! 
Die Ohnmacht Augusts gegenüber dem polnischen Adel trat 
bald auch bei einem andern Handel zutage. In dem von den 
deutschen Schwertrittern begründeten Ordensstaat Kurland, der 
1561 als weltliches Herzogtum ein Lehnsland der polnischen Krone 
unter dem Ordensmeister Gotthart von Ketteler geworden war, 
herrschte seit dem Tode ihres Gemahls Friedrich Wilhelm von 
Ketteler, seit 1710 als Regentin dessen Witwe, die Großfürstin 
Anna Iwanowna, eine Nichte Peters des Großen, während der 
von den kurländischen Ständen zum Herzoge erhobene Oheim des 
Verstorbenen, Ferdinand, sich um sein Herzogtum nicht kümmernd
	        
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