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der Infanterie, mit der er sich auf seine polnischen Besitzungen
zurückzog. 1752 wurde er sogar vom Kaiser zum Fürsten erhoben.
Von nun an bemächtigte sich Brühl der indolenten Persönlichkeit
seines Herrn gänzlich. Damit dieser nie den wahren Stand der
Dinge erfahre, ließ er den König nie allein mit jemand sprechen;
er umgab ihn und die Hofgesellschaft mit einer Schar von Spionen.
Die Königin überwachte er durch deren Oberhofmeisterin, die
Gräfin Kolowrat-Krakowska, deren Tochter Franziska er zur
Frau hatte, und wußte auch ihren Einfluß bald mit Hilfe von
Guarini zu beseitigen. Ferner bemächtigte er sich aller leiten-
den Stellungen, natürlich nur um deren Gehalt einzuziehen, wäh-
rend er die Arbeit durch bettelhaft bezahlte Menschen besorgen
ließ, die dann ihrerseits wieder ihre Stellung nach besten Kräften
auszunutzen suchten. Von diesen Subjekten hat es der Lakai Hennicke
verstanden, sich zum Grafen und sächsischen Konferenzminister auf-
zuschwingen. Sein Herr aber, den der König 1746 zu der in
Sachsen bis dahin nicht gekannten Würde eines Premierministers
beförderte, vereinigte nach und nach folgende Amter und vor
allem ihre Gehälter in seiner Person: er war in Sachsen Premier-,
Kabinetts- und Konferenzminister, Wirklicher Geheimer Rat, Ge-
neral der Infanterie, ohne die geringsten militärischen Kenntnisse,
Oberster über ein Regiment Chevauxlegers und über eines zu Fuß,
Oberkämmerer in Verbindung mit den Funktionen eines Oberhof-
marschalls, Kammerpräsident, Obersteuer-, Generalakzis-, Ober-
rechnungs-, Deputations= und Bergdirektor, Kammerdirektor der
Stifter Merseburg und Naumburg, Kapitular des Hochstiftes Mei-
ßhen und Propst zu Bautzen, Oberinspektor der Meißner Por-
zellanmanufaktur, Chef der kurfürstlichen Parforcejagden usw. usw.
In Polen machte er es ähnlich, nachdem er sonderbarlicherweise
seine polnische Abstammung entdeckt und das polnische Indigenat
als Graf Ocieszyno--Brühl erworben hatte. Dies letztere
wäre ihm nun nicht gelungen, wenn er sich nicht als gläu-
bigen Katholiken gegeben hätte. In Sachsen dagegen spielte
er sich auf den strenggläubigen Lutheraner hinaus, der sich
gern bei seiner Abendandacht in seiner Hauskapelle überraschen
ließ und seinem Andachtsbedürfnisse durch die schon vorhandenen