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bewirkte der Oberschenk von Bose, eine Kreatur Brühls, die Um—
wechselung. Die Königin gab das Geld zwar ohne ein Wort
zu verlieren wieder heraus, ordnete aber eine Kassenrevision an;
diese ergab das betrübliche Resultat, daß die Kassen leer und
die Gehälter für die Zivil- und Militärbeamten seit längerer Zeit
ebensowenig bezahlt waren wie die Rechnungen für den Hofstaat.
Da brach die Königin in die Worte aus: „Also das Hemd, das
ich trage, und das Brot, das ich esse, sind nicht bezahlt!“
Als nach dem Tode Friedrich Augusts II. (5. Okt. 1763) auch
Brühl bald starb, schon am 28. Okt. 1763, wurde eine Unter-
suchungskommission niedergesetzt. In achtmonatiger Arbeit ge-
wann sie das Resultat, daß Brühl aus öffentlichen Kassen 4 731 436
Taler direkt veruntreut und an Zinsen und Schuldscheinen
579697 Taler unterschlagen hatte. Das hinterlassene Ver-
mögen aber betrug nicht mehr als 1½ Million Taler; so sehr
hatte seine sinnlose Verschwendung, seine sybaritische Lebensweise
und seinc putzsüchtige Eitelkeit seine Kasse zu einem Danaiden=
fasse gemacht. Es hatte Friedrich der Große von Preußen also
ziemlich recht, wenn er in der Geschichte seiner Zeit über Brühl
folgendermaßen urteilte: „Von Charakter ist Graf Brühl feige
und geschmeidig, schurkisch und verschmitzt; er hat weder Geist
noch Gedächtnis genug, um seine Lügen zu verstecken; er ist
doppelzüngig, falsch, Verräter. Ein Vergeuder der Güter des
Staats will der König, daß er die Majestät des Königtums zur
Schau stelle durch maßlose Verschwendung. Er ist in diesem Jahr-
hundert der Mann, der die größte Sammlung von Porzellan,
Uhren, Kleidern und Stiefeln hat und so gleicht er den Leuten,
von denen Cäsar sagt: „Sie sind zu gut frisiert und duften zu
anmutig, als daß ich sie zu fürchten hätte.“
Dies scharfe Urteil des Preußenkönigs gilt für die innere
wie namentlich für die äußere Politik Brühls, für die auch noch
ein anderes Urteil desselben zutrifft, daß dieser Minister nur die
Listen und Ränke gekannt habe, aus denen die Staatskunst klei-
ner Fürsten bestehe. Dies zeigte sich alsbald nach dem am 20. Okt.
1740 eingetretenen Tode Karls VI. und dem Übergang der habs-
burgischen Erblande laut der pragmatischen Sanktion auf dessen