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Rat von Zehmen nach München, um die Verhastung Hewalds zu
betreiben, und ließ am 16. Sept. auch Agdollo verhaften und
nach dem Königstein bringen, wo er mit kurzer Unterbrechung
bis zu seinem am 27. Aug. 1800 erfolgten Tode als Gefangener
verblieben ist. Der sonst in Justizangelegenheiten peinlich ge-
naue Kurfürst ließ gegen ihn kein Verfahren anstellen und be-
zeichnete den Ministern gegenüber die Sache als eine rein persön-
liche, so daß die Angelegenheit noch keine hinreichende Aufklärung
gefunden hat. Auch Hewald wurde verhaftet; er saß bis 1778
ebenfalls auf dem Königstein. — Die Zession aber kam am 6. Okt.
endgültig so zum Abschluß, daß der Kurfürst alle Schulden seiner
Mutter, auch über die 700000 Reichstaler hinaus, übernahm,
wofür er in ihre Erbansprüche eintrat und sie ihm noch aus
freien Stücken die Hälfte ihrer eingelösten Diamanten schenkte.
Jene bayrische Erbschaftssrage beschäftigte aber in noch ganz
anderem Sinne Österreich, wo nach des Vaters Tode (gest. 18. Aug.
1765) Josef II. Mitregent der Mutter geworden war. Der Ehr-
geiz dieses jungen Fürsten hatte es auf die Erwerbung von Bayern
oder wenigstens eines Teiles davon für den Fall des Aussterbens
der bayrischen Wittelsbacher Linie abgesehen, während seine Mutter
wegen ihrer Abstammung von zwei bayrischen Prinzessinnen aus
dem 16. Jahrhundert ebenfalls Ansprüche an das Allodialvermögen
zu erheben beabsichtigte. Für jenen ersten Zweck wäre es not-
wendig gewesen, sich die Zustimmung der mächtigeren Fürsten
Deutschlands, vor allem Sachsens, zu sichern, da voraussichtlich
König Friedrich von Preußen keinesfalls zu haben war. Aber
in ungeschickter Weise benutzte die kaiserliche Regierung eine inner-
sächsische Angelegenheit, um zwar der sächsischen Regierung große
Unannehmlichkeiten zu bereiten, sie aber dadurch nun Preußen
noch mehr als bisher in die Arme zu treiben.
Schon seit längerer Zeit bestanden Differenzen zwischen den
Herren von Schönburg auf Glauchau und Waldenburg, die 1700
von Kaiser Leopold in den Reichsgrafenstand erhoben worden
waren, und der kursächsischen Regierung, indem jene ihre Herr-
schaften, und zwar seit 1355 als böhmische Lehen, sich selbst aber
als reichsunmittelbare Grafen erklärten. 1740 hatte ein Ver-