Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

— 555 — 
auf Abschluß einer formellen Konvention drängen. An Stelle 
Josefs II. trat dessen ebenso bedeutender Bruder Leopold. Wie 
er mit klugem Takte die fast schon verlorenen Provinzen der 
Niederlande und Ungarns wieder anzugliedern wußte, suchte 
er vor allem auch die Spannung mit dem preußischen Hofe zu 
beseitigen, und hierzu bediente er sich der Vermittelung Sachsens. 
Noch ehe er am 25. März dem preußischen König brieflich die 
Hand zur Versöhnung bot, schrieb er am 15. März an den säch- 
sischen Kurfürsten voll Dankes für die bisher gezeigte freund- 
schaftliche und neutrale Gesinnung. Rasch folgten dann am 28. 
März, am 2. April, am 13. April weitere Schreiben, in denen 
Leopold einerseits um die guten Dienste zu einer Vermittelung 
am Berliner Hofe bat, anderseits ausdrücklich auf eine Neutrali- 
tätskonvention verzichtete, da ihm das Wort, welches der Kurfürst 
wegen seiner Neutralität gegeben habe, und die Bekanntschaft mit 
seinem Charakter hinreiche, um ihn mehr zu beruhigen, als irgend 
welcher formeller Traktat. Dem Ansuchen, für einen friedlichen 
Ausgleich in Berlin zu wirken, kam Friedrich August gern nach. 
Auch vermochte er infolge seiner Berliner Beziehungen am 18. Mai 
Leopold den wertvollen Wink geben zu lassen, daß Hertzberg viel 
mehr einem friedlichen Ausgleich zugeneigt sei als der König. 
Es ist hier nicht der Ort, den vielverschlungenen Verhand- 
lungen zu folgen, die auf dem am 26. Juni 1790 zu Reichenbach 
in Schlesien zusammentretenden Kongreß gepflogen wurden. Be- 
zeichnend jedoch für das durch Leopolds Korrespondenz mit Fried- 
rich August in Berlin wachgerufene Mißtrauen war, daß Zinzen- 
dorf nicht, wie Graf Loß beantragt hatte, den König nach Reichen- 
bach (in Schlesien) begleiten durfte. Durch den dort geschlossenen 
Vertrag (27. Juli 1790) verzichtete Preußen auf jede eigene 
Gebietserwerbung, hinderte aber Osterreich erneut an der Erwer- 
bung Bayerns und vereitelte die österreichischen und russischen 
Absichten auf die Türkei. Ein großer Fehler war es aber von 
seiten Preußens, daß es die günstige Lage nicht zu einer Reform 
der Reichsverfassung ausnutzte und dadurch seine Leitung im 
Fürstenbunde und damit diesen selbst überflüssig erscheinen ließ. 
Man begriff namentlich in Süd= und Mitteldeutschland nicht,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.