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Thielmann zu dieser heiklen Mission, der sich nicht nur durch
seine vollendete Kenntnis der französischen Sprache, sondern auch
durch sein weltmännisches Wesen und offenbares Geschick für diplo—
matische Unterhandlungen empfahl. Am 17. Okt. verließ er Mans-
feld und gelangte, durch die ganz phantastische Nachricht von der
Ankunft der Russen in Bernburg aufgehalten, erst am 18. Okt.
abends ins kaiserliche Hauptquartier nach Merseburg. Napoleon
empfing ihn wohlwollend und sagte ihm ungefähr dasselbe, wie
zu Jena den anderen sächsischen Offizieren. Im übrigen be-
zeichnete er die kurfürstlichen Minister Loß, Low und Burgs-
dorff, weil sie preußisch gesonnen seien, als seine Feinde; soweit
hier nicht Mitteilungen des französischen Gesandten in Dresden
oder Außerungen des fächsischen Vertreters in Paris, des Grafen
Senfft zugrunde lagen, war es ein beliebter Schachzug Napoleons,
wo er den Herrn nicht treffen wollte, die Diener bloßzustellen.
Thielmann wurde beauftragt, die Bedingungen des Siegers
dem Kurfürsten zu überbringen; gleichzeitig benachrichtigte er den
General von Zezschwitz durch den Freiherrn vom Ende von den
mit Napoleon getroffenen Vereinbarungen. Vor ihm war der
Major von Funck in Dresden eingetroffen und hatte den Kur-
fürsten mit den oben erwähnten Bedingungen bekannt gemacht
und von deren unumgänglicher Notwendigkeit zu überzeugen ge-
wußt. So fand Thielmann den Boden wohl vorbereitet. Schon
durch den Major von Funck war der Kurfürst soweit beruhigt
worden, daß er in Dresden zurückblieb und die beabsichtigte Reise
nach Breslau aufgab. Er schickte den Major von Funck mit
einem Ergebenheitsschreiben an den Kaiser und beauftragte Thiel-
mann, sofort in das französische Hauptquartier zurückzugehen und
dem Kaiser zu eröffnen, daß der Kurfürst seine Truppen zurück-
rufen, der französische Loyalität vertrauend in Dresden bleiben
und jeden Franzosen als Freund empfangen werde. Am 21. Okt.
trafen Thielmann und Funck in Halle mit dem kaiserlichen Haupt-
quartier zusammen und richteten ihre Botschaft aus. Thielmann
vermeinte, damit die Sache erledigt und seinem Fürsten und
seinem Vaterlande Waffenstillstand und Frieden vermittelt
zu haben, und ging nach Barby, um dem dort mit den Resten