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zusuchen. So erteilte sie ihm der Kurfürst selbst am 18. Nov.
und mit ihm erhielt auch Low seinen Abschied. Die Entlassung
vollzog sich ohne irgend einen Beweis der Dankbarkeit und An—
erkennung und ohne Pension. Der Kurfürst hat es nicht einmal
gewagt, den vom Hasse des französischen Imperators gestürzten
Minister, der 1811 starb, wieder vor sein Angesicht kommen zu
lassen. Der Kaiser, dem der Kurfürst noch am 18. Nov. durch Bose
Mitteilung von der Entlassung der beiden Minister hatte zukommen
lassen, änßerte Bose gegenüber seine Zufriedenheit mit der promp-
ten Erledigung des Falles und schien nun für den Frieden wieder,
wie vorher, geneigt.
Aber eine neue Schwierigkeit ergab sich. Napoleon ließ deut-
lich durchblicken, daß er den Besuch des Kurfürsten bei sich sehr
gern sähe, wozu dieser natürlich gar nicht geneigt war. Aber
Graf Bose schrieb dringender denn je; der vom keaiserlichen
Hauptquartier in Berlin kommende päpstliche Nuntius, Graf
Arezzo, fand es ebenfalls durchaus nötig. Nach den größten
Umständlichkeiten reiste endlich der Kurfürst, von Marcolini und
dem Obersten Brochowski begleitet, am 26. Nov. von Dresden
ab, brauchte für diese Reise drei Tage, in Elsterwerda und
Dahme übernachtend, und erst am 28. Nov. traf er in Berlin
ein. Freilich hatte er unterwegs von dem bis Mittenwalde
ihm entgegengereisten Bose erfahren müssen, daß der Kaiser
Berlin schon verlassen habe, Talleyrand aber zum Empfang des
Kurfürsten zurückgeblieben sei. Dieser erschien am folgenden Mor-
gen bei ihm mit der Mitteilung, daß es dem Kaiser sehr leid
getan habe, aus militärischen Rücksichten eher nach Posen ab-
reisen zu müssen; er habe den Befehl hinterlassen, daß Bose und
er, Talleyrand, dorthin nachkommen sollten, um über den end-
gültigen Abschluß des Friedens zu unterhandeln. Der Kurfürst
drückte darauf am 1. Dez. in einem Briefe dem Kaiser ebenfalls
sein Bedauern über die verfehlte Begegnung und seinen Dank für
den in Aussicht gestellten Frieden aus. Bemerkenswert ist, daß
Napoleon keine Empfindlichkeit über das auffallend zögernde per-
sönliche Entgegenkommen des Kurfürsten an den Tag legte. Mit
leiser Ironie heißt es allerdings in einem kaiserlichen Schreiben