Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

— 68 — 
mit der Erweiterung der von ihm angesponnenen Pläne deren 
Fäden seinen Händen entgleiten fühlte. Er ritt in aller Frühe des 
4. Oltober zornig von Torgau weg, „wie die Katz von der Böne“, 
wie das Protokoll mit trockenem Humor bemerkt. Die Verhand- 
lungen wurden durch diese Episode so wenig gestört, daß schon 
am 5. Oktober Markgraf Albrecht von Kulmbach, einer der Teil- 
nehmer an dem Kongresse, mit den Vollmachten zu einem Offensiv= 
Bündnis ausgestattet werden konnte. « 
Kaiser Karl V. ist von allen diesen Dingen, so geheim sie 
gehalten wurden, nicht ohne Nachricht geblieben. Aber Genaues 
wußte er schließlich auch nicht. Dazu hinderten ihn an jedem 
energischeren Schritte der Geldmangel und die Gicht. Letztere 
nahm den mitunter jammervoll gequälten Mann derart mit, daß 
man an die Möglichkeit seines Ablebens bestimmt zu glauben an- 
fing. Es war das auch der Grund seiner schon in früheren Jahren 
zu Zeiten bemerkbaren Indolenz. Der Kaiser war oft tagelang, 
ja wochenlang für die notwendigsten Staatsgeschäfte nicht zu 
sprechen. Was aber Moritz von Sachsen anlangte, so hielt er 
an der früher gewonnenen Anschauung von dessen Bedeutungs- 
losigkeit fest und meinte überdies mit den Ernestinern jeden Augen- 
blick einen Gegentrumpf ausspielen zu können. Er wußte nicht, 
daß schon von den Torgauer Maiverhandlungen aus den zurück- 
gelassenen Prinzen das Ultimatum des Anschlusses an den nord- 
deutschen Fürstenbund oder wenigstens der Neutralität gestellt und 
von diesen angenommen worden war. 
Moritz aber gelang ein zweiter Streich, nämlich mit kaiser- 
licher Erlaubnis die gegen Magdeburg gebrauchten Kriegsknechte 
beisammen zu behalten und in Thüringen in Winterquartiere zu 
legen. Diese Truppenverlegung beunruhigte die benachbarten 
Bischöfe von Bamberg und Würzburg und auch die drei Kur- 
erzbischöfe, so daß sie, damals in Trient aufhältlich, an die Ab- 
reise vom Konzil dachten. Kein anderer beruhigte sie als Kaiser 
Karl in einem Schreiben vom 3. Januar 1552, worin es u. a. 
heißt, daß zwar über den Kurfürsten von Sachsen allerlei Reden 
umgingen; aber dieser habe durch Schreiben und Gesandte sich 
hegen ihn dermaßen erklärt, daß er sich, sofern noch menschliche Treue
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.