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schon erzählt, anfangs in Schlesien gegen Blücher operiert, den
Hauptangriff der Verbündeten aber in der Lausitz erwartet. Dem
Trachenberger Plane entsprechend beschlossen die in Böhmen ver-
einigten Verbündeten durch eine größere Machtentfaltung im Rücken
Napoleons diesem die Rückzugslinie abzuschneiden, indem man über
das Gebirge auf Leipzig marschiere. Bei dem unglaublichen Zustande
der Wege, die überdies nach Böhmen viel jäher abfallen als nach
Sachsen zu, vollzog sich der Hinaufmarsch der in vier Kolonnen ge-
teilten Armee nur unter den größten Schwierigkeiten. Sehr störend
wirkte auch die Vielheit der Köpfe und Sinne. Neben Schwarzen-
berg und seinem tüchtigen, aber sehr bescheidenen Generalstabschef
Radetzky machte sich sein Generaladjutant, der uns bekannte Lan-
genau in nicht immer glücklicher Weise bemerklich; Schwarzen-
berg selbst aber, mehr Hofmann als Soldat, wußte sich nicht
immer, am wenigsten vor den nächst bevorstehenden Entscheidungen,
von der dilettierenden Strategik des Zaren zu emanzipieren, der
seinerseits wieder viel auf den aus Amerika herbeigerufenen früheren
französischen Marschall Moreau hörte. Die russischen Generäle
aber zeichneten sich übel durch Eigenmächtigkeit, Unwissenheit und
Arroganz aus.
Am 22. Aug. erreichten die verbündeten Armeen den Kamm
des Erzgebirges. Zunächst der Elbe, auf der Straße von Teplitz
nach Dresden, marschierte Wittgenstein; ihm zunächst das preußische
Korps Kleist in der Richtung auf Freiberg, dann in zwei Ko-
lonnen die OÖsterreicher unter dem Erbprinzen von Hessen-Homburg
und dem Grafen Gyulai auf zwei Straßen, die sich in Marien-
berg vereinigten. Ein großer Übelstand für die von den ver-
bündeten Truppen passierten sächsischen Gegenden war es, daß
sich an sie eine Menge tschechisch-böhmischen Gesindels, Männer
wie Weiber, angeschlossen hatte, das marodierend, stehlend und
plündernd die Gegend unsicher machte. Da aber weder die Preußen
noch die OÖsterreicher irgendwo des Feindes ansichtig wurden, wäh-
rend Wittgenstein auf das 14. Korps des Generals St. Cyr bei
Berggießhübel stieß, merkte man im verbündeten Lager, daß man
einen Luftstoß zu machen im Begriff sei. Durch aufgefangene
Depeschen erfuhr man dann auch, daß der Kaiser sich überhaupt
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