759
herankamen und vom Kronprinzen begrüßt wurden. Sie be-
grüßten diesen wieder; der König aber mußte erleben, daß man
ihn geflissentlich nicht bemerkte und ohne Gruß weiterritt. Als
er dann von Bose an den Zaren mit der Bitte, ihm eine Unter-
redung zu gewähren, geschickt hatte, kam dieser mit dem mageren
Bescheide zurück: der Zar werde ihm Antwort sagen lassen.
Diese Antwort brachte am Abend der russische Staatsrat Baron
von Andstett, der dem bestürzten Monarchen ankündigte, daß er
als Kriegsgefangener der Verbündeten nach Berlin gebracht werde.
Kaiser Franz hatte ihm Prag als Asyl anweisen lassen wollen,
der Zar aber, wohl nicht zum wenigsten durch die Erinnerung
an dic ganz unnötige Proklamation an die Polen vom 31. Jan. 1813
bestimmt, auf die Unterbringung des Königs in oder in der Nähe der
preußischen Hauptstadt bestanden. Bald danach erschien mit der
gleichen Botschaft der Vertreter des. Staates, auf den der König
noch die letzte Hoffnung gesetzt hatte, Metternich. Dieser berichtet
darüber in seinen Memoiren folgendermaßen: „Der König suchte
mir begreiflich zu machen, daß seine Stellung von der Art war,
um ihm für jede andere Haltung den Ausweg zu verschließen.“
Und weiterhin, besonders charakteristisch: „Während unserer Unter-
redung trat die Königin von Sachsen in das Zimmer. Als sie
den Zweck meines Erscheinens vernahm, geriet sie in eine hef-
tige Gemütsbewegung. Sie machte mir lebhafte Vorwürfe, daß
selbst ich gegen die Sache Napoleons aufgetreten sei, die sie
als die Sache Gottes bezeichnete. Ich antwortete ihr
mit Ruhe, daß ich mich nicht dazu dem König gegenüber befinde,
um mit ihr den Wert dieser Sache zu erörtern.“ Dem entsprach
auch die Antwort des auf dem Heimwege begriffenen Kaisers Franz
aus Rötha vom 21. auf ein ihm von Bose überbrachtes Hand-
schreiben des Königs. Der Zar stattete dann zwar der Königin
einen Höflichkeitsbesuch ab, bei der die Anwesenheit ihres Ge-
mahls ausdrücklich verbeten war, konnte ihr dabei aber nur wenig
Hoffnung auf eine politisch selbständige Weiterexistenz angesichts
des bisherigen Verhaltens des Königs machen. Ein Brief des Zaren
vom 20. Okt. hatte bei allem wohlwollend höflichen Tone nichts,
was zu besseren Hoffnungen berechtigen konnte.