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erhielt aber von Repnin nicht die verlangten Pässe; da wußten
sich die Mitglieder einzeln solche nach Prag zu verschaffen, wo sie
dann dem Prinzen Maximilian, dem jüngsten Bruder des Königs,
ihre Denkschrift zur Weiterbeförderung überreichten. Selbstver-
ständlich war der Prinz sehr erfreut hierüber, betonte aber in
seiner Antwort auf die Ansprache der Deputation, daß, so schätzens-
wert diese Außerung der in bürgerlichen Kreisen herrschenden Ge-
sinnung sei, ihm doch noch die Beweise für die gleiche Stimmung
in der Armee fehlten, auf die vor allem man sich bei den bevor-
stehenden Verhandlungen in Wien werde berufen müssen.
Dieser Wink wurde alsbald von Dresden nach dem säch-
sischen Lager, das sich noch immer am Rhein befand, weiter ge-
geben und erzeugte auch hier den Wunsch, von seiner lönigstreuen
Überzeugung einen Beweis zu geben. Diese Stimmung gab sich
im Koblenzer Lager zunächst bei einer seltsamen Angelegenheit
in nicht gerade glücklicher Weise kund. Vom 21.—29. Juli wurden
in dem von Josef Görres redigierten „Rheinischen Merkur“, der
zu Koblenz herauskam, eine Reihe von Artikeln aus der Feder
des genannten Publizisten unter der Aufschrift „Sachsens Pflicht
und Recht“ veröffentlicht. Sie griffen auf die von König
Friedrich August in Prag bewiesene Haltung zurück und betonten
bei aller Anerkennung der monarchischen Gesinnung, daß man
den Verrat am Gemeinwohl nicht mit frommer Scheu vor dem
Könige bemänteln dürfe und daß darum Sachsen seine politische
Selbständigkeit zugunsten Preußens verwirkt habe. Begreiflicher-
weise erregte diese Ansicht in dem sächsischen Offizierkorps große
Entrüstung, und ein Hauptmann von Dziembowski drang in die
Wohnung von Güörres ein, bedrohte ihn sogar mit dem Säbel
und lief sodann nach der Hauptwache, von der er den Redakteur
verhaften ließ. Der Kommandeur der Sachsen, Generalleutnant
Lecoq, verfügte natürlich sofort die Freilassung des Mannes.
Thielmann aber nahm die Gelegenheit wahr zu einem ver-
traulichen Rundschreiben vom 31. Juli an die Generale des Korps,
das viel böses Blut machte. Es hieß darin u. a.; „Ich muß
hierbei feierlichst erklären, daß jeder Sachse des Eides gegen seinen
König entbunden ist und keinen anderen Souverän als die alliierten