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mit hingebender Fürsorge auf allen Gebieten der Volkswirtschaft,
Wissenschaft und Kunst und schuf in intensiver Pflege des ge-
bliebenen kleineren Teiles einen kulturellen Großstaat, nachdem
das Land aus dem beengenden mittelalterlichen Grenzen der Ent—
wickelung in dem Zeitalter Friedrich Augusts I. hinübergeführt
war in den modernen Staat durch die verständnisvolle Mitwirkung
Friedrich Augusts II. — Und hieran knüpft sich eine noch weiter
zielende Betrachtung: erhielt Preußen Sachsen ganz, so drang
Rußland noch ein Stück bedrohlicher gegen das Herz Deutsch-
lands vor, und ein Staat entstand am Rhein unter wettinischer
Führung, der nach der Lage der Sache zweifellos mehr zu Frank-
reich geneigt hätte, als für die Förderung der deutschen Einheit
förderlich gewesen wäre. Wäre ferner Preußen in Sachsen gänzlich
ohne Entschädigung ausgegangen, so hätte eine solche nirgends
anders als in Polen gefunden werden können; damit wäre aber
der Schwerpunkt der preußischen Entwickelung erheblich nach Osten
verrückt worden. Wer wäre dann übrig geblieben, die deutsche
Frage zu lösen und das Werk der Einheit endlich seiner Verwirk-
lichung zuzuführen? So haben Sachsens Schmerzen, Leiden und
bittere Verluste ein Reichliches zu der Heraufführung eines auch
den sächsischen Patrioten befriedigenden Zustandes beigetragen.
In den weiteren Verhandlungen, deren Hauptzweck nur sein
mußte, die Zustimmung Friedrich Augusts zu den getroffenen
Vereinbarungen zu gewinnen, tritt als ein unangenehmer Zug die
Unehrlichkeit in Osterreichs Verhalten hervor, das die Hartnäckig-
keit des alten Fürsten eher bestärkte als zur richtigen Einsicht
der Lage brachte. Selbstverständlich suchte der sächsische Hof alle
Mittel in Bewegung zu setzen, um einer Verkleinerung des Landes
entgegenzuarbeiten. Adressen wurden ins Werk gesetzt aus den
verschiedenen Kreisen der Bevölkerung. Auch ließ der König noch
eine Denkschrift an die Großmächte unter dem Datum des 25. Febr.
verfassen, die die Unteilbarkeit seiner Lande und die Richtigkeit
seiner bisher befolgten Politik vertrat.
Es lag nun bei dieser Unbeugsamkeit der königlichen Ent-
schließungen die Gefahr nahe, daß er bei längerem Aufenthalte
in der „Gefangenschaft“ zu Friedrichsfelde jedes Zugeständnis als